In Beantwortung Ihrer ggstdl. Anfrage von Ende
Oktober 2010 dürfen wir Ihnen in aller Kürze wie folgt mitteilen:
Ad 1) Auf Grund welcher
gesetzlichen Grundlage ist der Empfänger von Anzeigen (Behörde) verpflichtet,
bei Nichtzuständigkeit diese an die richtige Behörde weiter zu leiten? Bitte
mit Gesetzestext.
· Eingaben
(Anbringen) sind grundsätzlich bei der dafür inhaltlich zuständigen Behörde
einzubringen (§ 13 AVG);
· Gem.
§ 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde von Amts wegen die sachliche
bzw. örtliche Zuständigkeit wahrzunehmen;
· Im
Verwaltungsstrafverfahren sind hinsichtlich der aufgezeigten
Verwaltungsübertretungen (durch Anzeigen, Beschwerden oder sonstige
Einngaben) überdies auch die §§ 27 und 28 VStG zu beachten.
· Den
Gesetzestext entnehmen Sie bitte dem link „Rechtsinformationssystem“
(auf der Homepage des Bundeskanzleramtes unter www.bka.gv.at) , wo er eingelesen und erforderlichenfalls
auch ausgedruckt werden kann.
Ad 2) Auf Grund welcher
gesetzlichen Grundlage ist eine (zuständige) Behörde verpflichtet, wenn sie
von einer Gesetzesübertretungen Kenntnis erlangt von sich aus tätig zu
werden, z. B. einen Lokalaugenschein durchzuführen, oder z. B. nach
rechtswirksamen Strafbescheid die Umsetzung zur Einhaltung des Gesetzes zu
kontrollieren? Bitte mit Gesetzestext
· siehe
zur Verfolgungspflicht der Behörden in § 6 AVG und auch in den §§
27 und 28 VStG
· Im
Rahmen eines Ermittlungsbedarfes hat die Behörde den relevanten/maßgeblichen
Sachverhalt zur Verwaltungsübertretung festzustellen um schlussendlich
erwiesenermaßen eine schuld- und tatangemessene Bestrafung
auszusprechen; eine Möglichkeit davon ist auch in Form einer Kontrolle
(„Lokalaugenschein“) !
·
Die Einhaltung des Tabakgesetzes wird nicht systematisch
kontrolliert, weil keine derartige Regeleung in diesem Gesetzestext
selbst verankert worden ist; Verwaltungsübertretungen können und
werden nämlich grundsätzlich im Wege von ergangenen Anzeigen, Beschwerden
etc. aufgezeigt; die Behörde hat solche Verstößen - sofern sie
eben bekannt und aufgezeigt werden oder ihr etwa auch im Rahmen dienstlicher
Wahrnehmungen bekannt geworden sind - dann aber von Amts wegen
entsprechend zu verfolgen !!
Ad 3) Wie lautet der
„Nichtraucherschutz-Erlass“ von BM. Stöger vom Juni 2010?
· Es
handelt sich dabei um eine Regelung des BMG mit welcher die zuständigen
Bezirksverwaltungsbehörden veranlasst werden, unter anderem auch anonymen
Anzeigen nachzugehen und zu prüfen, ob ausreichende Gründe zur Einleitung
eines Verwaltungsstrafverfahrens vorliegen bzw. ob nach
§ 21 Abs. 1a VStG vorzugehen ist (Prüfungspflicht der Behörde zur
allf. Einstellung des Verfahrens bei aussichtslos erscheinender Verfolgung
oder Vorliegens eines mangelnden öffentl. Interesse an einer Verfolgung
bei zB minderwichtigen oder unbedeutenden Vorfällen); Verfahrenseinstellungen
ohne verhängte Strafen wiederum sind dem Ministerium mit kurzer
Begründung zu melden !
Ad 4) Wer genau bekommt die
Strafgelder (wenn es mehrere Nutznießer gibt, bitte detaillierte Angaben)?
· Gem.
§ 15 VStG fällt der Erlös – soferne nichts anderes in der
Verwaltungsvorschrift bestimmt ist – dem jeweiligen Bundesland für Zwecke der
Sozialhilfe, bzw. falls Sozialhilfeverbände bestehen, jenem
Sozialhilfeverband , in dessen Gebiet die Strafe verhängt wurde !
Ad 5) Wer zahlt die Kosten
der UVS-Verfahren (in meinem Fall kommen oft Kosten für bis zu 500 km Anreise
hinzu)?
· Wer
als Zeuge geladen wird hat im Wesentlichen nach dem Gebührenanspruchsgesetz
und anderer allenfalls zugrundelegender Vorschriften (Kollektivvertrag,
Arbeitnehmer-/Dienst-recht etc. eben auch Anspruch auf Ersatz gewisser
Aufwendungen, darunter Fahrtkosten 2. Klasse, Zeitversäumnis bzw.
Verdienstentgang (bei Vermögensnachteil) etc. seine Ansprüche geltend zu
machen; die zuständige Behörde unterstützt dabei im Bedarfsfalle auch die
Antragsteller.
Ad 6) Auf Grund welcher
gesetzlicher Grundlage darf in einem Lokal fotografiert und gefilmt werden,
wie es die Behörde als Beweismittel wünscht; einschließlich der dort
rauchender Personen. Welche anderen
unwiderlegbaren Beweise für einen Gesetzesverstoß gibt
es? Beim Magistrat und UVS wird gelogen,
dass sich die Balken biegen. Die Wirte mit WKO-Rechtsvertreter stehen nicht
einmal zu ihren permanent andauernden Gesetzesverletzungen.
· Grundsätzlich
kann alles als Beweis herangezogen werden was beweistauglich ist, darunter
eben auch Fotos; es gilt jedoch auch der von der Behörde anzuwendende Grundsatz
der freien Beweiswürdigung, d.h. es liegt an der Behörde Beweise als
tauglich zu qualifizieren und letztlich auch den behaupteten Sachverhalt,
also den zugrundeliegenden Verstoß als erwiesen anzusehen oder eben
nicht !
· Die
Behörde hat die Richtigkeit eines maßgeblichen Sachverhaltes zu beweisen und
bedient sich dazu der ihr geeignet erscheinenden Beweise dafür, um ihre
behördliche Entscheidung seriös treffen zu können (wie z. B. basierend auf
Dokumenten, Lokalaugenscheinergebnissen, Zeugenaussagen, etc.);
· Ein
Foto ist grundsätzlich als Beweis tauglich und daher jedenfalls auch
zulässig; es sagt jedoch nicht von Haus aus alles über die Richtigkeit
der Behauptung aus (das Foto könnte nämlich z.B. auch von einer nichts
oder nur sehr bedingt aussagekräftigen Aufnahme herrühren, wie dem
Rauchen im betroffenen Raum zu „irgendeinem“ Zeitraum, also etwa
noch während der Übergangszeit wo das Rauchen ohnedies z. B. bis zum
Abschluss von erforderlichen Umbauarbeiten etc. ,zulässig und erlaubt war !
überdies sind zu allen Fotobeweisen auch jederzeit
Gegenbeweise (zum angebl. Fotobeweis) zulässig (zB auf
fotografierten Tischen finden sich Aschenbecher, aber es ist nicht
zwangsläufig oder zweifelsfrei erkennbar ob es sich dabei um Tischchen im
Raucher- oder Nichtraucherraum handelt !) !!
Problematisch könnte aber durchaus die Herstellung eines Fotos mit dem
ausdrücklichem Ziel der Verletzung der Persönlichkeitsrechte
sein ! Zu beachten wären daneben auch ausdrückliche und/oder bestehende
Fotografierverbote (resultierend aus dem Veranstaltungsrecht,
Urheberrecht etc.), wie z. B. bei speziellen Show- und
Theateraufführungen, und ist jedenfalls auch zu berücksichtigen, dass der
private Freiraum der betroffenen fotografierten Person – an Politiker
bzw. bei Prominenten ist hier verständlicherweise ein anderer Maßstab
anzulegen als bei übrigen „einfachen“ Personen – einem bestimmten Schutz
unterliegt;
unzulässiges Rauchen in einem Raum öffentlichen Ort und die diesbezügliche
Beweissicherung durch ein Foto - jedoch „nur“ zum Beweis der
Verwaltungsübertetung (!) - begründet für sich alleine gesehen aber noch
keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte, da der Fotograf die betroffene
Person ohnedies auch zeugenschaftlich etwa im Zuge seiner niederschriftlichen
Einvernahme dieser Verwaltungsübertretung „überführen“ (belasten) könnte/wird
!
Ad 7) Wie soll festgestellt
werden, ob in einem Lokal – tatsächlich nur – Kräuterzigaretten geraucht
werden, die lt. in- und ausländischer Wissenschaftler ebenso schädlich sind?
· Die
Schädlichkeit von Kräuterzigaretten ist unbestritten; da sie allerdings kein
Nikotin erhalten fallen sie auch nicht unter die Schutzbestimmungen des
Tabakrechtes und damit des Nichtraucherschutzes !!!
· Nicht
der Täter muss seine Unschuld beweisen, sondern die Behörde hat seinen
Verstoß zu beweisen; in Bezug auf das Tabakrecht liegt hier ein solcher
Verstoß nicht vor, da das Rauchen von Kräutertigaretten an sich nicht
verboten ist, zumal davon eben nur das Rauchen von Tabak (Nikotinschadstoffe)
erfasst ist !! Die Beweisführung ist hier also sehr schwer bis
unmöglich !
· Es
müsste also jede Art des Rauchens im Tabakgesetz verboten werden; ob dies
politisch intendiert ist müßte sich erst zeigen; für eine Änderung des
Tabakgesetzes bedarf es aber eines klaren politischen Willens und noch mehr
der parlamentarischen Mehrheiten dafür !!!
Ad 8) und 9) Was gedenkt man
zu tun, um unter 16- Jährigen den Zutritt zu Raucherlokalen und
Raucherlounges zu verwehren? Immerhin ist
die enorme Schädlichkeit von Passivrauch vielfach erwiesen.
Testkäufe und Beschwerden von Eltern beweisen, dass unter 16-Jährige
weiterhin Zigaretten ohne Ausweisvorlage in den Trafiken bekommen.
Die Drohungen des Ministers sind
offensichtlich wirkungslos!
· Rauchverbote
sind in Österreich im Jugendschutz geregelt (auch der Alkoholkonsum von
Jugendlichen ); das ist aber eine ausschließliche Kompetenz der Bundesländer;
der Bund hat hier also keine Zuständigkeit;
· Da
z. B. in Deutschland - im Gegensatz zu Österreich - der Jugendschutz
Bundessache ist, konnte dort das erlaubte Rauchalter auf „18“ hinaufgesetzt
werden !
· Der
Verkauf von Zigaretten an Jugendliche unter 16 ist verboten; Verstöße werden
nach dem Jugendschutzgesetz bzw. dem Tabakmonopolgesetz geahndet und bei
Vorliegen von Anzeigen gegen die Trafikanten in jedem Falle auch sanktioniert
(von der Verwaltungsstrafe bis hin zum Entzug der Trafik-Konzession durch die
Monopolverwaltung, zuletzt z. B. bei einem Tarfikanten im 7. Wr. Bezirk !!)
!! BM Stöger lässt all den aufgezeigten Fällen sofort nach Bekanntwerden
derselben nachgehen und wird dem BMG auch das Ergebnis der getroffenen
Behördenmaßnahmen rückgemeldet !!
Ad 10) Unsere Kontrollen zeigen, dass
ÜBER 80 % der Türen zu den Raucherlounges ständig offen sind; z. B. 28.10.10
Donauzentrum und Lugner city! Wie soll man da die Beweisführung aufnehmen?
Es gibt oft unzureichende Abtrennungen, die
Trennwand endet unterhalb der Decke, bzw. es ist gar keine Zwischendecke
vorhanden. Laut Wirt sei dies mit der Behörde fixiert worden.
· Die
Folge von durchgehend offen gehaltenen Türen ist, dass dort dann eben
ein Rauchverbot einzuhalten ist/wäre; selbst dann, wenn eine Türe als
defekt angefunden wird., diese als solche auch gekennzeichnet und
vielleicht bereits ebenso die Behebung des angebl. Schadens (defekte
Türe) vom Pächter/Inhaber eingeleitet worden ist, besteht in einem
solchen Fall jedenfalls durchgehendes Rauchverbot und begründet das Vorgehen
des Wirtes (Raucherlaubnis trotz fehlender „Abtrennung“/verschlossener Türen
etc.) einen Verstoß gegen den Nichtraucherschutz, der wenn aufgezeigt
(!), zu sanktionieren ist !!
· Die
Behörde kann dabei keine Ausnahmen machen oder gar zeitliche Zugeständnisse
etc. wie gar spezielle Bewilligungen machen !! Das ist im Tabakgesetz nicht
vorgesehen und daher unzulässig !!!
Ad 11) Wann erfolgen endlich verpflichtende
Kontrollen der Lokale durch die Behörden, da es nun eindeutig ist, dass sich
zahlreiche Lokalbesitzer weiterhin nicht um den Nichtraucherschutz kümmern.
Gerade in Landgemeinden wird das Gesetz häufig
ignoriert. Gibt es Überlegungen die Polizei für diesen Dienst einzusetzen
(Der Erlass von Pol. Präs. Dr. Pürstl müsste aufgehoben werden, er schreibt
schließlich, dass „keine Mitwirkung“ möglich ist)
· Kontrollen
können, müssen aber nicht zwingend durchgeführt werden; es
obliegt ausschließlich der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde wie diese
den ihr aufgezeigten Sachverhalt und die den Anzeigen/Beschwerden
zugrundliegenden Verstöße gegen das Tabakgesetz im Anlassfall prüft und
nachweist !!
· Verstößen
kann eben grundsätzlich im Nachhinein begegnet werden und die damit
einhergehenden Sanktionierungen von Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang
mit der Missachtung von Nichtraucherschutzbestimmungen dann erst erfolgen;
dies liegt primär im System der Sanktionierung von Verwaltungsübertretungen
begründet !!
· Es
ist richtig, dass im Falle von Verwaltungsübertretungen gegen das Tabakgesetz
keine unmittelbare Zuständigkeit der Polizei gegeben ist !!!
dafür wäre eine ausdrückliche Berechtigung im Sicherheitspolizeigesetz zu verankern
(gewesen); dafür gab bzw. gibt es derzeit aber keine politische
Willensbildung oder Mehrheit; die Polizei darf daher grundsätzlich nicht
eingebunden werden, außer ein Polizeieinsatz mit Tätigkeiten, Gewalt etc. vor
dem Hintergrund eines z. B. entstandenen heftigen Streits wegen der
Missachtung des Nichtraucherschutzes würde einen solchen Polizeieinsatz
erfordern (mit dem Ziel der Streitbeilegung; zur Deeskalierung und Vermeidung
von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Rauchern und Nichtrauchern etc.
); mangels Gesetzesgrundlage kann daher Präsident Dr. Pürstl nicht zur
Aufhebung des von Ihnen angesprochenen Erlasses angehalten werden, da er
offenbar zu Recht auf die Unzuständigkeit der Polizei hingewiesen haben
dürfte.
Wir bedauern die - aus Kapazitätsgründen und
der hohen Anzahl von einschlägigen Beauskunftungen zum Nichtraucherschutz -
leider erst jetzt erfolgte schriftliche Erledigung Ihrer Anfrage und
bitten Sie um Verständnis für die dadurch eingetretene Verzögerung.
Für damit einhergehende Rückfragen steht Ihnen
das Team der Ombudsstelle NichtraucherInnenschutz gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen verbleibt
Franz Pietsch eh
Ministerialrat Mag. Dr. iur. Franz Pietsch
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Leiter der Abteilung II/1
Ombudsstelle für Nichtraucherschutz
Rechts- und Fachangelegenheiten Tabak,
Alkohol und substanzungebundene Süchte
sowie Internationale Suchtangelegenheiten