Österreich: 'Mafia-Tschick': Tabakkonzerne finanzieren Kampagne
Rauchen. Das Gesundheitsministerium sieht keine Widersprüche in der Einführung von Zigaretten-Mindestpreisen und der Unterstützung einer Kampagne, die dem führenden Tabakkonzern dient.
Österreichs Trafiken leiden unter dem Schmuggel von Rauchwaren aus Südosteuropa ebenso wie die Tabakkonzerne. | (c) APA
WIEN. Hut, Trenchcoat, eine Stange Zigaretten unterm Arm: So stellt man sich einen Zigarettenschmuggler vor. Ganz schön bedrohlich wirkt der "Schattenmann", der als Pappfigur seit einigen Tagen vor Österreichs Trafiken steht. Zumal der Text auf dem Pappkameraden heimischen Rauchern das Blut in den Adern stocken lässt: "Achtung! Gefälschte Mafia-Tschicks! Hochgiftig!"
Sicherheit, so prangt es in Fettdruck, gebe nur der Zigaretten-Kauf in der Trafik. Ansonsten drohe die "direkte Schädigung des Nervensystems" und "gefährliche Giftstoffe" - ja, gar Klärschlamme seien in den "Mafia-Tschicks". Die drastischen Worte sind verständlich: Österreichs Trafiken leiden unter dem Schmuggel von Rauchwaren aus Südosteuropa ebenso wie die Tabakkonzerne. Laut Schätzungen wurde jede fünfte Zigarette, die in Österreich geraucht wird, illegal importiert.
Wie groß der dadurch verursachte Schaden ist, kann kaum seriös beziffert werden. Doch auch dem Finanzminister gehen jährlich Millionenbeträge durch nicht korrekt besteuerten blauen Dunst verloren.
Bemerkenswert ist allerdings die Allianz zwischen Gesundheitsministerium, "Kronen Zeitung" und dem österreichischen Marktführer in Sachen Zigaretten, nämlich der Austria Tabak (sie gehört seit 2001 dem britischen Tabakkonzern Gallaher). Denn laut dem zuständigen Fachverband in der Wirtschaftskammer werden die "Schattenmänner" vor Österreichs Trafiken ebenso von der Austria-Tabak-Vertriebsfirma Tobaccoland bezahlt wie die rund 800.000 Infobroschüren in den Tabakgeschäften. Das bestätigte Tobaccoland auf Anfrage der "Presse". Die Tobaccoland steht zu 100 Prozent im Eigentum der Austria Tabak beziehungsweise Gallahers.
Die Kampagne gegen die "Mafia-Tschicks" wird also vom Branchenführer finanziert. Hiungegen beteiligen sich Branchenteilnehmer wie British-Austrian Tobacco laut eigenen Angaben nicht an der Kampagne.
Beworben wird der Feldzug gegen die gefälschten Zigaretten seit dem Pfingstwochenende in der "Krone". Allerdings ging die Initiative dafür vom Gesundheitsministerium aus. Die auflagenstärkste Zeitung Österreichs sei "sehr angetan" von der Idee gewesen, heißt es. Zumal die Daten für den Artikel vom Gesundheitsministerium kamen - und dort auch vor Veröffentlichung abgesegnet worden sind.
Ministersprecher Christoph Hörhan weist Kritik zurück, wonach es widersprüchlich sei, einerseits als Maßnahme gegen das Rauchen rechtlich problematische Zigaretten-Mindestpreise einzuführen, andererseits aber eine Kampagne zu unterstützen, die eindeutig dem führenden Tabakkonzern dient: "Es geht uns darum, dass Zigarettenschmuggel kein Kavaliersdelikt ist."
Das Ministerium betont, dass für die "Mafia-Tschick"-Kampagne "kein Steuergeld" verwendet wurde. Was allerdings die Frage offen lässt, warum der veröffentlichte Artikel in der "Krone" mit "entgeltliche Einschaltung" gezeichnet war.
Brisante Allianz
Kampagne. "Schattenmänner" vor Österreichs Trafiken werben gegen Zigarettenschmuggel, 800.000 Infobroschüren liegen in Tabakgeschäften auf. Beworben wird der Feldzug in der "Krone", die Initiative dafür ging vom Gesundheitsministerium aus. Diese Kampagne wird nicht von der Tabakindustrie generell, sondern über die Vertriebsfirma Tobaccoland vom Branchenführer Austria Tabak finanziert.