Richtigstellung von falschen Behauptungen in der Debatte am 11.12.2018 im Nationalrat zum Volksbegehren für generelles Rauchverbot in Gastronomie:
Folgende wiederholt und offenbar zwischen ÖVP und FPÖ
akkordierte Aussagen ohne Rücksicht auf Wahrheitsgehalt sind aus
fachlicher Sicht als bewusste Irreführung zu bezeichnen:
- Wir
hätten eines der strengsten Nichtraucherschutzgesetze und hätten den
Jugendschutz nochmals verbessert (wobei man suggerierte, dass Kinder und
Jugendliche nicht in Raucherlokale dürften):
Tatsächlich haben wir ein schwaches Gesetz und seine Umsetzung ist
noch schwächer. Jugendschutz ist Länderkompetenz, die
Anhebung des Schutzalters wurde von FPÖVP nur verzögert und
nicht mit den nötigen Begleitmaßnahmen (Mystery Shopping aus
Mitteln der Tabaksteuer und Zigarettenautomatenverbot) versehen. Kinder
und Jugendliche haben freien Zutritt zu Raucherzimmern, der Wirt darf
auch seine eigenen Kinder im Raucherraum servieren lassen, neue
Lehrlinge 1 Stunde und andere Lehrlinge 4 Stunden pro Tag und nicht
einmal das wird entsprechend kontrolliert. Zweifelhaft ist, ob das
Rauchverbot im Auto beim Mitführen Minderjähriger
überhaupt kontrolliert wird. Österreich hat nur sehr wenige
vollständig rauchfreie Spitäler.
- Über 90 % der Gastronomie und Hotels seien Nichtraucherbetriebe:
Tatsächlich machen z.B. in Wien zwei Drittel dieser Betriebe von
der Ausnahmeregelung des §13a TNRSG Gebrauch, die 2.200
Kleinlokale sind fast alle Raucherlokale und in den Mischbetrieben wird
das TNRSG meist nicht eingehalten. Studien in NÖ, OÖ und der
Steiermark zeigten vergleichbare Missstände. Auch eine Erhebung
des Gesundheitsministeriums zeigte die Nichteinhaltung.
- Raucherzimmer würden nicht zum Rauchen verführen und kaum jemand hätte im Wirtshaus mit dem Rauchen angefangen.
Tatsächlich beweist
die internationale Fachliteratur das Gegenteil. Erst die Abschaffung
der Raucherzimmer ermöglicht eine Reduktion des Tabakkonsums oder
den Ausstieg aus der Sucht und viele Jugendliche haben in einem
Lokal ihre erste Zigarette oder Shisha geraucht.
- Obernosterer (ÖVP): Österreich habe vergleichbare Ausnahmebestimmungen wie Italien.
Lokale, in denen noch geraucht werden dürfe, müssten sehr
strenge Auflagen der Belüftung erfülle. Nur mehr in zehn
Prozent der Gaststätten dürfe noch geraucht werden. Zudem
werde der Jugendschutz bei Tabakkonsum sehr streng gehandhabt.
Italien hat seit 2005 so
strenge Auflagen für Raucherzimmer, dass weniger als 5% der
Gastro-Betriebe davon Gebrauch machten. Am 2.2.2016 trat ein Rauchverbot um Spitäler
und in Autos
in Kraft, zum Schutz von Kranken, Schwangeren und
Kindern. Strafen
bis 500 € für rauchende Autofahrer, die Kinder
mitführen
und bis 3000 € für Trafikanten,
die Minderjährigen Zigaretten verkaufen, werden verhängt. In
Österreich gibt es weder ein Gesetz, das eine separate
Belüftung und einen Unterdruck im Raucherraum gegenüber den
umgebenden Räumen vorschreibt, noch wird die Belüftung von
Raucher- und Nichtraucherbereich kontrolliert. Zur Raucherlaubnis in
Gaststätten und zum Jugendschutz siehe oben.
- Hauser (FPÖ): Die Koalition habe den Schutz von Kindern
und Jugendlichen vor Tabakkonsum und Passivrauchen massiv erhöht.
Außer einer Bestimmung zum Schutz von Kindern im Auto, deren
Kontrolle fraglich ist, hat die Koalition nichts zu ihrem Schutz getan,
sondern im Gegenteil die Verantwortung den Wirten gegeben (siehe oben).
- Wurm (FPÖ): Österreich habe eines der strengsten
Gesetze gegen das Rauchen im öffentlichen Raum. Die meisten
Betriebe seien bereits rauchfrei, das Anliegen des Volksbegehrens
erübrige sich damit aus seiner Sicht allmählich von selbst.
Das ist eine Verhöhnung des Volksbegehrens durch einen Mann, der
für die Gesundheitsministerin Reden im Parlament schreibt, die
Interessen der Tabakindustrie vertreten. WHO, OECD, European Cancer
Leagues, European Respiratory Society, u.a. haben die
Tabakprävention in Österreich als besonders schlecht
beurteilt und auch alle unabhängigen österreichischen Studien
kamen zu dem Schluss, dass Tabakrauch in der österreichischen
Gastronomie nach wie vor ein gravierendes Gesundheitsproblem darstellt.