Warum
gibt die Tabakindustrie so hohe Summen für Tabakwerbung aus?
Um ihren Umsatz zu steigern; und das gelingt, wenn sie nicht nur ihre Konsumenten,
die sie vorzeitig ins Grab bringt, durch ebensoviele neue Raucher ersetzt,
sondern sie muss mehr Raucher dazugewinnen. In Österreich haben rauchende
Kinder und Jugendliche dramatisch zugenommen. Junge Raucher werden rascher
süchtig und kommen später schwerer von der Zigarette los. Hinter
der Tabakwerbung, die vorgibt, Erwachsene zu informieren, stecken eiskalte
Geschäftsinteressen internationaler Konzerne: Auch die raffinierte
indirekte Tabakwerbung pflegt das Image des „coolen“ Rauchers, um Jugendliche
zu gewinnen.
Das Sponsoring
versucht, Genuss oder Risikofreude (z.B. im Rennsport) mit Rauchen zu assoziieren.
Mädchen wurde jahrelang erfolgreich suggeriert, dass sie nur mit der
Zigarette erwachsen, emanzipiert und erfolgreich werden, dabei schlank
und schön bleiben und dass man mit einer Zigarette nie allein ist.
Tatsächlich führt Rauchen zu Leistungseinbußen, vorzeitiger
Hautalterung,etc., hilft zwar zunächst, pubertäre Unsicherheit
zu kaschieren, erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, später illegale
Drogen oder ein Übermaß an Schlaf- und Aufputschmittel zu nehmen
und es gibt auch enge Beziehungen zum übermäßigen Alkoholkonsum.
Diese wissenschaftlich
gesicherten Zusammenhänge finden aber kein breites Publikum, weil
die Werbebudgets der Gesundheitsressorts viel geringer sind als die der
Tabakkonzerne. Die Tabakindustrie bezahlt Berichte über die angebliche
Wirkungslosigkeit gesetzlicher Maßnahmen, die sie am meisten fürchtet,
beklagt scheinheilig den Zigarettenschmuggel (den sie selbst beliefert,
um den steuerfreien Straßenverkauf zu fördern und Kinder frühzeitig
auf den Geschmack ihrer Marke zu prägen), verlangt in der Folge geringere
Steuern und die Erlaubnis für ihre "leichteren" Marken zu werben und
gibt vor, nur die "mündigen Erwachsenen" anzusprechen, während
ihre Werbestrategen mit dem "Rauchen nur für Erwachsene" die Begierde
von Kindern und Jugendlichen nach Zigaretten zu steigern suchen.
Erst durch
die Gerichtsprozesse in den USA wurden interne Dokumente internationaler
Tabakkonzerne offengelegt, die zeigen, dass die Tabakindustrie schon lange
über die Suchtgefahr des Aktivrauchens und auch über Gesundheitsgefahren
des Passivrauchens bescheid wusste, aber mit allen Mitteln versuchte, Politik
und sogar Wissenschaft zu korrumpieren. Professoren, die knapp vor ihrer
Pensionierung standen, wurden bestochen, um die Risken des Passivrauchens
in Frage zu stellen und Politikern wurde bei der Finanzierung ihres Wahlkampfes
geholfen. Auch Artikel mutiger Journalisten gegen Tabak wurden entweder
schon vom Herausgeber verhindert, der an den Werbeeinnahmen interessiert
war, oder die Ausgabe einer Zeitschrift mit einem derartigen Artikel wurde
im Vertrieb durch Trafikanten behindert. Besonders heftig bekämpft
die internationale Tabakindustrie alle Werbeverbote. Schon bei der WHO-Konferenz
in Wien 1993 hätte Österreich von Australien lernen können,
dass nach einem Tabakwerbeverbot das gesamte Sportsponsoring vom Gesundheitsressort
übernommen und mit nur 5% Aufschlag auf die Tabaksteuer auch ein wirkliches
Vorsorgeprogramm aufgebaut werden kann, mit dem Prof. Nossal - ein gebürtiger
Österreicher - in Victoria schon seit 1987 so erfolgreich war. In
Neuseeland, das erst 1990 das Werbeverbot einführte, kam es bis 1999
zu einem Rückgang des Tabakkonsums um 33%. Nur Länder, die das
Werbeverbot halbherzig einführten oder danach schwere Fehler machten
(wie eine Zigarettenverbilligung) hatten keinen Erfolg. Dagegen kam es
in Finnland nach Einführung des Werbeverbotes zu einem Rückgang
des Tabakkonsums um 34% und in Norwegen um 31%. In Frankreich* nahm der
Konsum bis 1999 nur um 15% ab, u.a. weil es das Werbeverbot erst 1993 eingeführt
hatte.
(Quelle: Artikel
von M.Neuberger in http://www.furche.at/archivneu/archiv2002/fu5002/07.shtml)
*Später gab es Rückschläge in Frankreich,
weil es weder bei der Tabaksteuer- und -preisgestaltung noch bei der
Durchsetzung des Nichtraucherschutzes so konsequent wie England vorging
und statt der Tabakprävention die Trafikanten förderte. Trotz
alldem ist Frankreichs Tabakkontrolle schon fortschrittlicher als in Mitteleuropa.
In Österreich hat der Verwaltungsgerichtshof 2015 das Sponsoringverbot unterstützt.