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Als erste, anonyme Anlaufstelle für alle Raucher dienen Rauchfreitelefon (0800 810 013) und Internet-Beratung, die fast gleich wirksam sind. Proaktive Telefonberatung ist wirksamer. Für Kinder und Jugendliche sind spezielle Therapien, Bücher (z.B. "Mit Feuer gegen Rauch") und Programme zu empfehlen. Auch das Mobiltelefon (SMS, Twitter, Apps) und finanzielle Anreize helfen aufzuhören und abstinent zu bleiben. Raucher nehmen lieber an Entwöhnungsprogrammen teil, die bei Erfolg eine Belohnung versprechen, aber erfolgreicher sind Programme, bei denen sie Geld hinterlegen müssen, das sie nur zurück bekommen, wenn sie abstinent bleiben. Passager haben finanzielle Anreize Erfolg (z.B. während der Schwangerschaft), sollten aber mit Beratung und Motivation kombiniert werden (siehe Kapitel 7.1). Seminare werden u.a. in Graz und Wien angeboten. Motivierende Interviewtechnik hat sich bewährt. Andere Methoden, das Rauchen zu verlernen, sind in Entwicklung. Besondere Kunst erfordern Gruppenkurse für Teenager, die zwar wie Erwachsene behandelt werden möchten, aber gleichzeitig eine sehr alters- und geschlechtsspezifische Ansprache brauchen. Interventionen bei Kindern und Jugendlichen zur Tabakprävention und zum Ausstieg aus der Nikotinsucht waren erfolgreich. Bei jeder Gruppentherapie kann der Seminarleiter die Gruppendynamik nützen, muss aber bei der Vielfalt verschiedener Aufhörmotive damit rechnen, dass sich einige Teilnehmer nicht angesprochen fühlen, schon deshalb, weil Raucher in einer Art Selbstbetrug unbewusst Ausflüchte suchen ("Das trifft auf mich nicht zu"). Helfen Sie den Rauchern, diesen Selbstbetrug zu erkennen, stärken Sie aber gleichzeitig ihr Selbstbewusstsein. Raucherberatung in Risikogruppen erfordert spezifische Strategien, z.B. bei Diabetikern.
Besonders wichtig ist die Motivation von Schwangeren: Für Frauenärzte und Hebammen gibt es dazu Anleitungen, ebenso für Kinderärzte. Wellbutrin hilft Schwangeren nicht aufzuhören und auch Nikotinersatz ist nutzlos und wegen der Nebenwirkungen in der Schwangerschaft zu vermeiden. Psychosoziale Intervention bei Schwangeren verhindert Frühgeburten und untergewichtige Kinder. Schon der Cervixabstrich sollte zur Raucherberatung genutzt werden, ebenso Kinderwunsch-Ambulanzen und Mutterberatung. Mobiltelefon , Rauchfreitelefon und finanzielle Belohnung können dabei eingesetzt werden. Ein Rückfall der Mutter nach der Geburt lässt sich schon durch eine Aufklärungsbroschüre verhindern und noch besser durch den persönlichen Rat des Frauen- und Kinderarztes.
Die Basis jeder Rauchertherapie ist kein Medikament, sondern Motivation (besonders bei Kindern und Jugendlichen, denen Medikamente beim Rauchstopp kaum helfen). Jeder Abhängige hat (unbewusst) Angst vor dem Aufhören. Diese Angst kann der Therapeut überwinden helfen. Lassen Sie Ihren rauchenden Patienten aufschreiben, was ihn daran hindert, aufzuhören (Bewusstmachen von Hindernissen) und sprechen Sie mit ihm auch über positive Wirkungen des Aufhörens: Verjüngung, finanzielle Einsparungen (mit denen er sich dann anders belohnen kann), erfolgsgestärktes Selbstbewusstsein, Zunahme körperlicher Fitness, größere Attraktivität (Haut, Zähne, Haare, etc.), verbesserter Geruchs- und Geschmackssinn, zunehmendes Wohlbefinden, Freude an der wiedergewonnenen Freiheit, leichtere Stressbewältigung, höhere Lebenswerwartung, etc. Sobald er den Wunsch äußert, aufzuhören, fragen Sie ihn wann, helfen Sie ihm, einen Plan zurechtzulegen und planen Sie auch die evt. Unterstützung durch andere Personen (Partner, Arbeitskollegen, etc.) ein. Empfehlen Sie ihm, gleich vom Start weg, Aschenbecher (und alles was ans Rauchen erinnert) aus seiner Umgebung zu entfernen. Ein sofortiger Rauchstopp ist häufiger erfolgreich als schrittweises Reduzieren. Falls der Raucher dazu aber noch nicht bereit ist, besprechen Sie mit ihm alternative Tätigkeiten für Situationen, in denen er bisher immer geraucht hatte. Die Trennung des Rauchens von den dabei gewohnheitsmäßig verrichteten Tätigkeiten (Kaffee trinken, Zeitung lesen, Telephonieren, etc.) kann die Befreiung von der Gewohnheit erleichtern. Nach einer Zeit, in der Raucher -z.B. mit Rücksicht auf die Gesundheit ihrer nichtrauchenden Partner oder Arbeitskollegen- nur mehr im Freien raucht, wird er sich fragen, ob er es überhaupt nötig hat, bei schlechtem Wetter ins Freie zu gehen, um zu rauchen. Falls sich der Raucher schon entschlossen hat, aufzuhören, vereinbaren Sie gleich einen bestimmten Tag, ab dem er keine einzige Zigarette mehr rauchen wird. Schon am Vorabend soll er alle Rauchwaren samt Aschenbecher wegwerfen, sein Feuerzeug verschenken und sich mit Alternativen zum Lutschen, Knabbern und zum Spielen mit den Fingern eindecken. Häufiges Nippen an einem Glas Wasser oder zwischendurch auch kalorienarme, (saure) Obst- und Gemüsesäfte lassen den Gusto auf Zigaretten verfliegen. Auch Radeln auf dem Heimtrainer oder andere körperliche Aktivitäten und Ablenkungen bringen Erleichterung. Falls beim ersten Aufhörversuch nicht schon die Aussicht auf baldige Belohnung seine Entzugssymptome erträglich macht, können Sie ihm auch das Bild eines "Nikotinmonsters" malen, das in seinem Inneren nach "Nahrung verlangt" und das es auszuhungern gilt. Denn erst wenn dieses "Monster verhungert" ist, werden alle unangenehmen Symptome verschwinden, das Wohlbefinden wird sich mit dieser Gesundung einstellen und dauerhaft sein.
Eine mäßige Zunahme des Körpergewichtes in den ersten 3 Monaten der Nikotinabstinenz ist kein Grund zur Besorgnis und starke Zunahmen sind vermeidbar. Raten Sie zu Sport, evt. in einem Verein. Das kann nachhaltiger wirken als Medikamente, die Depressionen fördern können und nach deren Absetzen der Patient wieder zunimmt. Während der Behandlung sollten Sie jeden nach seinen persönlichen Gründen fragen, warum er aufhören will. Schriftlich auf einem Erinnerungskärtchen festgehalten, kann er diese Stichworte in seiner Brieftasche oder Handtasche wiederfinden. Wenn möglich, sollte der Therapeut in den ersten kritischen Tagen nach dem Rauchstopp zumindest telephonisch erreichbar sein, um Rückfälle vermeiden zu helfen. Noch besser ist es, wenn Sie den Patienten in der ersten Karenzzeit täglich sehen, indem sie ihn zu einer Behandlung (z.B. Akupunktur) bestellen. Raten Sie auch dem 'Wenigraucher' und Gelegenheitsraucher zum Aufhören und machen Sie Familienangehörigen klar, dass der Exraucher völlig abstinent bleiben muss, weil schon durch eine einzige Zigarette ein Rückfall eingeleitet wird, der die ganze Mühe der Raucherentwöhnung wieder zunichte macht. Nachgewiesen ist, dass auch medikamentöse Entwöhnungshilfen besser wirken, wenn niemand am Arbeitsplatz oder in der Wohnung des Patienten raucht. Rauchende Familienangehörige sollten daher womöglich mitbehandelt, wenigstens aber beraten werden. Die meisten erfolgreichen Exraucher geben an, das Rauchen nicht schrittweise reduziert, sondern an einem bestimmten Tag sofort beendet und danach keine einzige Zigarette mehr geraucht zu haben. Das stimmt mit der Erfahrung überein, dass schon eine einzige Zigarette oder auch nur ein einziger Zug daraus einen Rückfall in die Nikotinsucht einleiten kann. Andererseits können Sie auch Raucher mit starkem Verlangen und Entzugssymptomen in den ersten 2 bis 3 Tagen damit trösten, dass das Durchhalten danach wesentlich leichter wird, schon nach 2 bis 3 Wochen nur mehr selten Anfälle von Verlangen nach einer Zigarette auftreten und nach 2 bis 3 Monaten Rückfälle bereits leicht vermeidbar sind.
Bei Jugendlichen unter 20 Jahren waren medikamentöse Hilfen nicht erfolgreich, aber altersentsprechende Motivation, unterstützt durch fiskalische (Tabaksteuer) und gesetzliche Maßnahmen (rauchfreie Schulen, Arbeitsplätze, Lokale, etc., Verbot der Tabakwerbung und Zur-Schau-Stellung, Automatenverbot, Begrenzung der Tabakverkaufsstellen, Alterskontrollen, etc.). Die effizienteste Maßnahme zur Senkung der Raucherquote ist die Tabakprävention, denn es ist leichter, nicht zu rauchen anzufangen als es sich später mühsam abzugewöhnen. Rauchende Jugendliche brauchen kaum ein Medikament, sondern eine altersgerechte Motivation, bei der ein Ersatz für den Belohnungseffekt des Nikotins gefunden wird. Auch Schwangeren muss anders geholfen werden, wobei Medikamente und Nikotin möglichst zu vermeiden sind. Denn die vorliegenden Studien konnten bisher keine Erfolge durch Nikotinersatz nachweisen und gefährliche Nebenwirkungen nicht ausschließen; Tierversuche zeigten Schäden an den Feten in Gehirn und Lunge, letztere sogar durch nikotinfreies E-Zigaretten-Aerosol, das dem trächtigen Muttertier verabreicht wurde. Beratung und kostenloser Nikotinersatz (der für das Kind nicht ohne Risiko war) führten nur in 8,6% der Schwangeren zur Abstinenz; dagegen erzielten einfache Textbotschaften Erfolgsraten von 9-12% und eine finanzielle Belohnung fürs Nichtrauchen (unter Einbeziehung des Partners) eine Abstinenzrate von 22,5%. Belohnungen sind beliebter, aber wirksamer ist der Verlust eines Gelddepots, das der Raucher hinterlegen muss. Allgemein erfordert die Behandlung von Raucherinnen eine andere Strategie als die Behandlung von Rauchern. Eine Facebook-Gruppe hatte bei jungen Erwachsenen ähnliche Erfolgsraten wie eine staatliche Webseite zum Rauchstopp. Hohe Erfolgsraten der Allen Carr Methode ohne medikamentöse Unterstützung wurden in randomisierten Studien bestätigt, nur sollte bei dieser Gruppentherapie bei Schwangeren auch zu Kursbeginn nicht mehr geraucht werden. Spezielle Leitlinien gibt es für Risikogruppen wie z.B. Patienten mit COPD, wobei die Kombination aus intensiver Beratung und medikamentöser Unterstützung an wirksamsten ist. Bei Krebspatienten mit Depression sollte primär die Depression behandelt werden, weil dann die Entwöhnung leichter gelingt, aber auch die Depression bessert sich, wenn die Nikotinentwöhnung gelingt. Bei rauchenden Alkoholikern sollte zu Behandlungsbeginn eine Rauchertherapie gemacht werden. Ärzte, die eine Krebserkrankung diagnostizieren, sollten routinemäßig nach Rauchern in der nahen Verwandtschaft des Patienten fragen und diesen eine Entwöhnungsbehandlung anbieten. Da die Nikotinsucht sehr stark ist, muss sogar bei einem Teil der Krebspatienten damit gerechnet werden, dass sie wieder zu rauchen beginnen, wenn nur der Krebs und nicht auch die Sucht behandelt wird. Allerdings eignen sich gerade die Zielgruppen für ein Lungenkrebs-Screening besonders für Rauchertherapieprogramme und eine Kombination ist wirksam und dringend anzuraten. Raucher sollten ohne Motivation zum Rauchstopp keinem CT-Lungenscreening zugeführt werden und der Unterschied zwischen Krankheitsverhütung und -früherkennung muss erklärt werden. Lungenkrebs-Screening ohne ein Raucherentwöhnungs programm kann mehr schaden als nützen. Besonders erfolgreich waren Entwöhnungsprogramme bei Patienten mit Krebs im Kopf/Hals-Bereich oder Brustkrebs. Die ärztliche Beratung von Patienten sollte evidenzbasiert sein und auch Patienten mit Krebs oder COPD oder AIDS müssten über Gefahren von E-Zigaretten aufgeklärt werden. Von 159 klinischen Richtlinien zu Krankheiten, deren Risiko durch Rauchen mindestens verdoppelt wird, haben über die Hälfte Rauchen gar nicht erwähnt, nur 31% empfahlen den Rauchstopp und 19% enthielten detaillierte Angaben zu Ausstiegshilfen.
Spezielle Leitlinien des ENSP gibt es auch für die Rauchertherapie in der Schwangerschaft und nach einer Geburt, für Jugendliche und für Patienten mit Diabetes, COPD oder Herzkreislauferkrankungen.
Für alle gilt, dass Aufhörversuche dadurch gefördert werden, dass man Zigaretten weniger attraktiv macht. So zeigte sich z.B. in Schweden, dass die Inanspruchnahme des Rauchfreitelefons nicht nur durch Tabaksteuer- und -preiserhöhungen, Kampagnen gegen das Passivrauchen und Rauchverbote in Lokalen gestiegen sind, sondern auch durch die Bildwarnungen auf denZigarettenpackungen. Investitionen in Raucherberatung und -behandlung sind auch wirtschaftlich ein Gewinn.
von Irmgard Homeier, Pulmologisches Zentrum Wien (Addendum und Links zu neuerer Literatur wurden von Manfred Neuberger ergänzt)
Abhängigkeit und Entzug
In der 1992 von der WHO veröffentlichten zehnten Revision der
internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und
verwandter Gesundheitsprobleme wurde erstmals das durch
Tabakrauchen verursachte Abhängigkeitssyndrom festgehalten.
Spätestens damit wurde die häufige Meinung, Tabakrauchen sei
lediglich eine schlechte Angewohnheit, die der Betroffene ohne
Hilfe ablegen könne, widerlegt.
Die für die durch Tabakkonsum entstehende Abhängigkeit
verantwortliche Droge ist Nikotin. Nikotin wird aus dem
brennenden Tabak destilliertund auf Teertröpfchen in die
Alveolen inhaliert, von wo es innerhalb von sieben Sekunden ins
Gehirn gelangt und zur Freisetzung vonNeurotransmittern führt.
Diese verursachen eine gesteigerte Wachsamkeit und
Wahrnehmungsfähigkeit, eine Verbesserung der Stimmungslage und
wirken angstbefreiend und appetitzügelnd.
Von den nikotinabhängigen Rauchern ist ein Drittel leicht, ein
Drittel mittel und ein Drittel stark abhängig. Diese
Abhängigkeit und die damit verbundene Entzugssymptomatik machen
es so schwer, mit dem Rauchen aufzuhören. Die spontane
Entwöhnungsrate ohne Hilfe beträgt nur zwei bis drei Prozent pro
Jahr. Nur einer Minderheit gelingt es, nach dem ersten
Entwöhnungsversuch zu bleibenden Nichtrauchern zu werden. Die
Mehrheit der Raucher benötigt mehrere Versuche auf dem Weg zum
Nichtraucher, der durch den Wechsel von Rückfall und Abstinenz
gekennzeichnet ist. Somit zeigt die Tabakabhängigkeit viele
Kriterien einer chronischen Erkrankung.
Maximal der Hälfte der Raucher gelingt es je, das Rauchen
aufzugeben.
Daher bedürfen insbesondere stark abhängige Raucher neben einer
Verhaltenstherapie auch einer medikamentöse Therapie.
In Österreich gibt es derzeit 1,3 Millionen Raucher, davon sind
45% konsonante Raucher, die an ihrem derzeitigen Rauchverhalten
nichts ändern wollen. Die restlichen 55% sind dissonante
Raucher, die zu 37% den Tabakkonsum reduzieren und zu 18% mit
dem Rauchen aufhören wollen.
Mindestens 50% aller Raucher haben beim Versuch, abstinent zu
werden, Entzugssymptome.
Typische Nikotinentzugssymptome sind Unruhe, Gereiztheit,
Ungeduld, Schläfrigkeit, Durchschlafstörungen, Verwirrtheit,
Konzentrationsminderung und Appetitsteigerung (Bennowitz 1988).
Am stärksten ausgeprägt sind diese Symptome 24–48 Stunden nach
Konsum der letzten Zigarette. Im Laufe von zwei bis drei Wochen
verschwinden die Symptome meist. Das Craving – die Lust auf eine
Zigarette – kann besonders in Stresssituationen noch über Monate
bis Jahre bestehen.
Prochaskas Phasenmodell
Nach Prochaska und Di Clementi gibt es fünf Phasen der
Veränderung, innerhalb derer ein konsonanter Raucher zu einem
dissonanten, entwöhnungswilligen Raucher bzw. Exraucher wird.
Präkontemplation –
Uneinsichtigkeit: In diesem Stadium ist der Raucher nicht
bereit, sein Verhalten in näherer Zukunft zu ändern
beziehungsweise mit dem Rauchen aufzuhören.
Kontemplation –
Ambivalenz: Der Raucher ist sich des Risikos durch das Rauchen
bewusst. Er ist aber noch nicht willens, in absehbarer Zeit mit
der Entwöhnung zu beginnen.
Vorbereitung: In diesem
Stadium beabsichtigen die Betroffenen, in der unmittelbaren
Zukunft aktiv zu werden. Üblicherweise haben die Patienten im
vergangenen Jahr bereits wesentliche Handlungen gesetzt und
ziehen in Erwägung, eine Beratung bei einem Arzt beziehungsweise
Entwöhnungsberater in Anspruch zu nehmen, einer Gruppe
beizutreten oder einfach nur ein Buch zum Thema
Raucherentwöhnung zu erwerben.
Aktion – Umsetzung,
Handlung: In dieser Phase haben die Betroffenen bereits ihre
Verhaltensweisen in den letzten sechs Monaten geändert.
Patienten in diesem Stadium sind Botschaften bezüglich Abstinenz
gegenüber sehr offen und befolgen üblicherweise
Behandlungsempfehlungen. Das trifft besonders zu, wenn vom Arzt
und Patienten gemeinsam ein
Managementplan entwickelt wurde.
Aufrechterhaltung der
Abstinenz: In diesem Stadium arbeiten die Betroffenen daran,
einem Rückfall vorzubeugen. Die Versuchung, rückfällig zu werden
ist geringer, und die Betroffenen vertrauen mehr darauf, dass
sie ihre Veränderung aufrechterhalten können. Die emotionale
Unterstützung sollte weiterhin fortbestehen.
Empfehlungen der WHO
In einer Empfehlung für Gesundheitsberufe geht die WHO besonders
auf die Problematik des Rauchens im Gesundheitswesen ein: „In
Gesundheitsberufen tätige Menschen haben nicht nur die
Verpflichtung, Patienten hinsichtlich einer gesunden Lebensweise
zu beraten, sondern auch die Pflicht, durch den eigenen
Lebensstil zu motivieren.“ Die wichtigste ärztliche Maßnahme zur
erfolgreichen Bekämpfung des Tabakmissbrauchs ist, jeden
Patienten nach seinem Rauchverhalten und seiner Bereitschaft,
mit dem Rauchen aufzuhören, zu befragen.
In der täglichen Praxis sollen bei jedem Raucher im Rahmen eines
kurzen Gespräches die „Five A’s“ erhoben werden.
Ask: Erfragen und
systematisches Erfassen des Rauchverhaltens bei jedem Arztbesuch
Advise: Empfehlung zum
Aufhören für jeden Raucher
Assess: Evaluierung der
Bereitschaft, mit dem Rauchen aufzuhören
Assist: Unterstützung
und Entwicklung eines Managementplanes, wenn der Patient bereit
ist aufzuhören
Arrange: Follow-up zur
Rückfallprävention arrangieren
Für jene Raucher, die nicht bereit sind, mit dem Rauchen
aufzuhören, sollte ein Versuch der Motivation mit den: „Five
R’s“ erfolgen. Diese sind:
Relevance: Erarbeiten
von spezifischen, ganz persönlichen Gründen für das Aufhören,
wie z.B. die eigene Gesundheit, die Umwelt der Kinder etc.
Risks: Besprechen von
akuten Risikofaktoren (CO-Gehalt der Ausatmungsluft, Impotenz,
Infertilität), Langzeitfaktoren (Krebserkrankungen,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen) und
Umweltfaktoren (höheres Krebsrisiko der Lebenspartner)
Rewards: Besprechen von
Vorteilen, die der Rauchstopp bringt.
Roadblocks: Hinterfragen
von Barrieren, die daran hindern, mit dem Rauchen aufzuhören
Repetition: Wiederholung
des Motivationsversuchs bei jedem Arztbesuch
Empfehlungen für den Entwöhnungsspezialisten
Dieser soll all jenen, die intensiverer Maßnahmen als eines
kurzen Rats bedürfen, eine Verhaltenstherapie mit
Coping-Strategien sowie eine medikamentöse Unterstützung mit
exakten Anwendungsinformationen anbieten. Das praktische
Vorgehen beinhaltet:
1. Raucheranamnese: Anamnestisch sollen Packyears,
Entwöhnungsversuche und das Rauchverhalten (Spiegelraucher/
Spitzenraucher, dissonant/konsonant) erhoben werden.
Spiegelraucher sind Raucher, die über den ganzen Tag verteilt
gleich viel rauchen. Spitzenraucher können oft über mehrere
Stunden abstinent bleiben und greifen – dann aber oft sehr
intensiv – in bestimmten Situationen zur Zigarette (nach
Tierversuchen könnten sie durch tabakspezifische Nitrosamine ein
noch höheres Risiko
für COPD und Lungenkrebs entwickeln als Spiegelraucher).
Raucher des Mischtyps rauchen in gleich bleibenden Intervallen
regelmäßig und zu bestimmten Anlässen wesentlich mehr.
Nocturnal Sleep Disturbing Nicotine Craving: Manche Raucher
werden nachts von ihrem Verlangen nach einer Zigarette geweckt
und müssen ein oder mehrere Zigaretten rauchen, um
weiterschlafen zu können. Das kommt nicht jede Nacht vor, aber
mehrmals pro Monat. Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass es
sich durchwegs um hoch abhängige, in ihrer Lebensqualität
eingeschränkte Raucher handelt.
2. Diagnostik: Dazu gehört das Erheben des Ausmaßes der
Abhängigkeit (z.B. nach dem Fagerström-Test) und
die Kohlenmonoxidmessung in der Ausatemluft (z.B. mittels Smokerlyzers).
Um vergleichbare Werte zu erzielen, sollte die Messung immer zur
annähernd gleichen Tageszeit durchgeführt werden. Dann gibt sie
eine gute Aussage über die Reduktion des Tabakkonsums oder die
Abstinenz am Messtag.
3. Therapieplan: Der Raucherentwöhnungsspezialist und der
Patient sollen gemeinsam einen Therapieplan erstellen.
Grundlagen der Therapie der Tabakabhängigkeit sind Verständnis
der chemischen Abhängigkeit, die Verhaltenstherapie, die
pharmakologische Therapie sowie die Nachsorge und
Rückfallprophylaxe.
Nichtmedikamentöse
Therapie
Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche
Nikotinentwöhnungstherapie ist der Wille, mit dem Rauchen
aufzuhören. Zu einer effektiven Raucherentwöhnung gehört aber
auch eine individuelle Beratung mit Motivation, eine
Verhaltenstherapie und eventuell eine medikamentöse Therapie.
Die Beratung kann in Gruppen oder Einzelgesprächen
durchgeführt werden und sollte in regelmäßigen Abständen über
mehrere Wochen mittels persönlichem Kontakt oder telefonisch
durchgeführt werden. Der Erfolg steigt mit der Zahl der
Sitzungen.
Der Raucher muss sein Rauchverhalten analysieren und lernen,
Gewohnheiten abzulegen und Versuchungen zu erkennen.
In der Verhaltenstherapie sollen Strategien zur Bewältigung von
Stress und Versuchung, das Management der Entzugssymptomatik und
Maßnahmen zur Rückfallsprophylaxe entwickelt werden. Auch der
Umgang mit möglichen oder wahrscheinlichen Risikosituationen
soll besprochen und trainiert werden. Ebenso gilt es, die
Gewohnheit des Rauchens zu beherrschen. Es soll eine
Entkoppelung bestimmter Situationen vom Rauchen stattfinden.
Dazu dienen Raucherprotokolle mit der Analyse von
Rauchsituationen und die Selbstkontrolle.
Medikamentöse Nikotinersatztherapie (NET)
Die Nikotinersatztherapie ist eine alternative Methode zur
Aufnahme von Nikotin, ohne Tabak zu rauchen. Obwohl die
Pharmakokinetik der erhältlichen Produkte variiert, setzt kein
Präparat so rasch Nikotin in die Zirkulation frei wie das
Inhalieren beim Zigarettenrauchen. Im Vergleich zum Rauchen
werden durch die Nikotinersatztherapie niedrigere Nikotinspiegel
aufgebaut.
Die Einnahme von Nikotin vermindert in den ersten Monaten der
Raucherentwöhnung die Entzugserscheinungen. Dadurch wird dem
Betroffenen die Bewältigung der psychologischen und
verhaltenstherapeutischen Aspekte des Rauchens erleichtert. Die
Dosis des Nikotinersatzpräperates wird parallel mit dem Rückgang
der Entzugssymptome stufenweise reduziert (über zwei bis sechs
Wochen). Die Anfangsdosis des Nikotinersatzpräparates sollte
jener Nikotindosis entsprechen, die zuletzt beim
Zigarettenrauchen pro Tag aufgenommen wurde. Eine Metaanalyse
aus 53 Studien (Silagy 1994) mit insgesamt 17.703
Studienteilnehmern hat die Verdoppelung des Langzeiterfolges
durch die Nikotinersatztherapie gezeigt. In einer von Hajek P.
et al. (Arch. Intern. Med. 1999; 159: 203-8) durchgeführten
randomisierten, kontrollierten Studie wurden die vier Formen der
Nikotinersatztherapie direkt miteinander verglichen. Das
Ergebnis in der zwölften Woche des Follow-up war für alle
Produkte gleich. Hinsichtlich der Compliance zeigten sich jedoch
Unterschiede. Sie war beim Pflaster am höchsten, am
zweithöchsten beim Kaugummi und am niedrigsten beim Inhaler und
beim Nasenspray. Nikotinersatzpräparate können miteinander
kombiniert werden. Einige Studien zeigen höhere Erfolgsraten
bei Kombinationstherapie
als bei Nikotinersatz-Monotherapie. Obwohl Nikotin Auswirkungen
auf den kardialen Output hat, gibt es für die NET keine
Kontraindikation bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen
und stabiler Angina pectoris. (Anmerkung der Redaktion:
Kontraindikationen der NET sind instabile Angina pectoris,
schwere Herzrhythmusstörungen, frischer Herzinfarkt, akuter
Schlaganfall, aber auch ein Alter unter 18 Jahren sowie
Schwangerschaft und Stillzeit).
Pflaster: Die
Wirkung tritt nach zwei bis vier Stunden ein. Über 16–24 Stunden
wird eine fixe Nikotindosis abgegeben. Das Pflaster soll nach
16–24 Stunden gewechselt werden. Das neue Pflaster soll an
anderer Stelle aufgebracht werden. Kontraindikation für das
Nikotinpflaster sind Pflasterunverträglichkeit und eventuelle
Hauterkrankungen. Nichtraucher
sollten kein Nikotin erhalten und empfinden die Wirkung meist
auch negativ.
Die anderen Produkte haben einen schnelleren Wirkungseintritt
und einen kürzere Wirkdauer und dienen dazu, den Nikotinspiegel
rascher an den individuellen Bedarf anzupassen.
Kaugummi: Der
Wirkungseintritt erfolgt nach ungefähr 20 Minuten. Der Kaugummi
soll gekaut werden, bis sich ein intensiver Geschmack
entwickelt. Danach soll er in der Backentasche ruhen, bis der
Geschmack nachlässt, um dann erneut gekaut zu werden. Mögliche
Nebenwirkungen sind Irritationen der Mundschleimhaut, Dyspepsie
und Singultus. Als Dosierungsrichtlinie wird etwa ein Stück pro
Stunde empfohlen. (Anmerkung der Redaktion: gleichzeitig sollten
Kaffee und saure Getränke vermieden werden, welche die Aufnahme
behindern. Bei längerer Behandlungsdauer kann Abhängigkeit
entstehen. Gelegenheitsraucher
brauchen keinen Nikotinersatz oder höchstens 2mg als Kaugummi im
Bedarf).
Inhaler: Beginn der
Wirkung nach etwa 20 Minuten. Durch das Ansaugen der Luft wird
Nikotin aus der Kunststoffschicht freigesetzt und gelangt über
die Mundschleimhaut in den Blutkreislauf. Nebenwirkungen sind
Mund- und Rachenirritationen.
Mikrotabs: Dabei handelt
es sich um Sublingualtabletten, die unter die Zunge gelegt
werden, wo sie sich langsam (innerhalb von 30 Minuten) auflösen
und Nikotin freisetzen. Sie dürfen weder geschluckt noch gekaut
werden. Nebenwirkungen: Singultus, Beschwerden des
Magen-Darm-Traktes. Als Dosierungsrichtlinie gilt etwa ein Tab
pro Stunde.
Mint-Lutschtabletten
dürfen ebenfalls nicht gekaut oder geschluckt, sondern nur
gelutscht werden. Sie lassen sich (wie Mikrotabs und Kaugummi)
auch mit Nikotinpflaster kombinieren.
Nasalspray: In jedes
Nasenloch wird ein Sprühstoß abgegeben. Es darf nicht
aufgeschnupft werden, da es sonst zu übermäßigem Niesreiz und
tränenden Augen kommt. Mit einem Gipfel des
Blut-Nikotin-Spiegels innerhalb von 5–10 Minuten kommt der Nasalspray
der Nikotinaufnahme durch Zigarettenrauchen am nächsten. Auch
der Mundspray
wird rasch aufgenommen.
Bupropionhydrochlorid
Bupropionhydrochlorid (Wellbutrin®) ist ein selektiver Dopamin-
und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer. Es führt einerseits durch
Erhöhung des Dopaminspiegels im mesolimbischen System
(Belohnungseffekt) zu einer Verminderung des Craving und
andererseits über die Beeinflussung noradrenerger Neurone zu
einer Verringerung der Entzugssymptomatik. Der exakte
Wirkungsmechanismus ist allerdings nicht bekannt. In einer
randomisierten, placebokontrollierten Studie von Jorenby D. et
al. (NEJM 1999; 340: 685–91) zeigte sich unter Bupropion allein
und in Kombination mit dem Nikotinpflaster eine wesentlich
höhere Entwöhnungsrate nach einem Jahr (35,5%) als unter Placebo
oder unter dem Nikotinpflaster allein.
Bupropion 150mg wird
nach einer einwöchigen Phase einmal täglich und dann für weitere
sieben Wochen zweimal täglich eingenommen. NACHTRAG: Eine
längere Einnahme kann Rückfälle reduzieren, ebenso wie eine
längere Psychotherapie.
Wechselwirkungen: Zu
beachten ist, dass Bupropionhydrochlorid über CYP2B6
metabolisiert wird. Deshalb wird die Substanz bei Einnahme von
Orphenadrin, Cyclophosphamid, Isophosphamid langsamer abgebaut.
Bupropion und Hydroxybupropion hemmen CYP2D6 und führen zu einem
verlangsamten Metabolismus von einigen Beta-Blockern (Beloc®),
Antiarrhythmika (Rytmonorma®, Aristocor®), Antidepressiva
(Tofranil®, Pertofran®, Seroxat®) und Antipsychotika
(Melleril®). Gegenmaßnahme ist die Dosisreduktion dieser
Medikamente.
Kontraindikationen sind
ein Alter unter 18 Jahren, Anfallsleiden bzw. anamnestisch
bekannte Neigung zu Krampfanfällen, bestehende oder anamnestisch
bekannte Bulimie oder Anorexia nervosa, schwere Leberzirrhose
und die Verwendung von MAO-Hemmern innerhalb der letzten 14 Tage
sowie manisch-depressive Psychosen.
Warnhinweise: Vorsicht
ist geboten bei zu Anfällen prädisponierenden Faktoren
(Schädeltrauma, ZNS-Tumor) beziehungsweise bei klinischen
Situationen, die mit einem erhöhten Anfallsrisiko verbunden
sind. Die Sicherheit für die Schwangerschaft/Stillperiode ist
nicht belegt. Die Substanz soll in diesen Situationen nicht
angewendet werden. Bupropion und seine Metaboliten gehen in die
Muttermilch über. Bupropion kann wie andere ZNS-aktive
Arzneimittel die Fähigkeit beeinflussen, Tätigkeiten auszuüben,
die Urteilsvermögen oder motorische und kognitive
Geschicklichkeit erfordern. Patienten sollen, bevor sie ein
Fahrzeug lenken oder eine Maschine bedienen, abklären, wie sie
auf Bupropion reagieren.
Überlastete Ärzte können statt "5 A" gleich nach "ask, advise" zur Rauchertherapie zuweisen (z.B. per Fax zum Rauchfreitelefon).
Leitlinien der WHO finden sich in Artikel 14 der FCTC. In der EU wurden ausführliche Leitlinien 2017 veröffentlicht.
Eine internat. Übersicht fand, dass die meisten Leitlinien Art. 14 FCTC folgen.
Die Österr. Ges. f. Pneumologie hat einen Konsensus veröffentlicht: Wien. Klin. Wochenschr. (2005)117[Suppl.2]:
1-18 und Wien. Klin. Wochenschr.(2011)
123:1-17.
Der Arzt sollte die Entscheidung des Rauchers, ohne Hilfe aufzuhören, respektieren. Aber Medikamente ohne Motivation sind keine wirksame Hilfe.
Nach der
Auswertung von 123 Studien wurden folgende 11 Schlüsse
gezogen (Cochrane Library):
1. Alle derzeit auf dem Markt befindlichen
Nikotinersatzprodukte (Kaugummi, Pflaster, Nasalspray,
Inhaler und Sublingualtablette) sind wirksamer Bestandteil
von Strategien zur Nikotinkarenz. Sie erhöhen die Chance auf
einen Langzeiterfolg um das anderthalb bis zweifache –
unabhängig von der weiteren unterstützenden Therapie. Die
NRT sollte bevorzugt bei stark süchtigen Rauchern eingesetzt
werden, die für den Nikotinverzicht ausreichend motiviert
sind (was durch ihre Anfrage nach Hilfe beim Arzt
ausreichend belegt ist). Bei Rauchern mit einem Konsum von
weniger als zehn bis 15 Zigaretten pro Tag konnte nur wenig
Evidenz für die Wirksamkeit einer NRT gefunden werden.
2. Die Wahl der geeigneten Darreichungsform sollte sich nach
den Wünschen des Patienten sowie nach der Verträglichkeit
richten und Kostenüberlegungen mit einschließen.
3. Acht Wochen Therapie mit dem Pflaster sind genauso
wirksam wie längere Anwendung und es gibt keine Evidenz
dafür, dass ausschleichende Dosierungen besser sind als
abruptes Absetzen. Das Pflaster nur während des Tages zu
tragen, ist ebenso effektiv wie das Tragen über 24 Stunden.
4. Bei der Verwendung eines Kaugummis kann die Dosis vom
Patienten frei gewählt werden. Stark abhängigen Raucher
sollte statt der 2mg- die 4mg-Dosierung empfohlen werden.
5. Es gibt einen kleinen Benefit, wenn das Nikotinpflaster
in Kombination mit einer Form des Nikotinersatzes gegeben
wird, die eine freie (Selbst-)Dosierung ermöglicht. Die
Kombinationstherapie kommt vor allem für Patienten infrage,
die mit nur einer NRT keinen Erfolg hatten.
6. Die Wirksamkeit der NRT scheint von der Intensität der
begleitenden therapeutischen Maßnahmen unabhängig zu sein.
Obwohl durch intensivere Betreuung die Wahrscheinlichkeit
der Nikotinkarenz steigt, ist sie nicht essentiell für das
Gelingen der NRT.
7. Bei stark abhängigen Rauchern oder solchen, die bei
Nikotinpflastern in der höchsten Standarddosierung von 22mg
pro 24h unter starkem Verlangen und Entzugserscheinungen
gelitten haben, kann die Gabe von noch höheren Dosierungen
(mehrere Pflaster) sinnvoll sein.
8. Auch bei Rauchern, die beim ersten Versuch mit einer NRT
gescheitert sind, lohnt sich ein weiterer Versuch.
9. Nikotinpflaster waren in einer Studie weniger effektiv
als Bupropion. Auch die Kombination beider Medikamente war
Bupropion als Monotherapie nicht überlegen.
10. Die NRT erhöht bei Rauchern mit
Herz-Kreislauferkrankungen in der Anamnese nicht das
kardiovaskuläre Risiko.
11. Es solle nicht der Eindruck erweckt werden, dass
NRT-Produkte die Zauberwaffe zum Sieg über die
Nikotinabhängigkeit darstellen. Süchtiges Verhalten ist ein
komplexes Problem, das zusätzliche Hilfestellungen benötigt,
um es zu überwinden.
U.S. Richtlinien und Cochrane Berichte empfahlen eine Kombination von psychologischer und medikamentöser Therapie (z.B. Nikotinpflaster plus -kaugummi), wobei auf die Kosteneffizienz hingewiesen wird. Aber nicht jeder Raucher braucht Medikamente und der Arzt sollte vor der Verschreibung von Nikotinersatz den Grad der Nikotinabhängigkeit und die Ursache des Misslingens früherer Aufhörversuche explorieren. Studien zu einzelnen Medikamenten überschätzen deren Wirkung in der Allgemeinbevölkerung, weil sie nicht berücksichtigen, dass die meisten erfolgreichen Exraucher ohne medikamentöse Unterstützung aufgehört haben. In randomisierten Studien wurden Erfolgsraten von Bupropion (18%) und Vareniclin (21%) durch deren Kombination auf 26% erhöht. Eine Kombination von Bupropion mit NRT brachte dagegen keine Vorteile gegenüber der Einzeltherapie. Jedenfalls ist zu bedenken, dass sowohl die Tabakindustrie wie die Pharma-Industrie ein Geschäftsinteresse an einer Prolongierung der Nikotinabhängigkeit haben und dass der Erfolg einer Nikotinersatztherapie nur in Studien gezeigt wurde, die mit der Wirklichkeit in der Allgemeinbevölkerung wenig gemein haben. Nur bei Kombination von NRT mit anderen Maßnahmen (z.B. den Interventionen in New York auf Basis strenger Nichtraucherschutzgesetze) wurden auch auf Bevölkerungsebene positive Effekte gesehen. Trotzdem ist ein Ausschleichen aus der Nikotinsucht eher mit NRT zu empfehlen als mit E-Zigaretten (Angaben zur Nikotindosis und Begleitstoffen unverlässlich) oder gar mit Tabakprodukten zum Rauchen (schädlichste Form der Nikotinzufuhr). Allerdings sollte auch in Tabakzigaretten das Nikotin begrenzt werden. Eine langdauernde Nikotinzufuhr ist in jeder Form schädlich, da Nikotin das Krebswachstum fördert und im Stoffwechsel in noch gefährlichere Nitrosamine umgewandelt werden kann. Nikotinersatz ist in der Schwangerschaft kontraindiziert, erhöht die Abstinenzrate nicht, hat keine positive Wirkung auf das Geburtsgewicht, kann beim Kind zu ADHD führen und bei Schwangeren den diastolischen Blutdruck erhöhen. Dagegen hat Beratung und Motivation in der Schwangerschaft nur positive Wirkungen. Nikotinersatztherapie sollte nicht ohne Rauchstopp und wegen des Krebsrisikos nur begrenzte Zeit durchgeführt werden. Das Risiko, ein noch schlummerndes Raucherkarzinom durch Nikotinzufuhr über mehr als 3 Monate aufzuwecken, muss vom Arzt gegen das Rückfallrisikos des Rauchers abgewogen werden. In der Regel wird er sich für einen Therapiewechsel entscheiden.
Gesundheitspolitisch
war es ein Fehler, Nikotinpräparate
außerhalb von Apotheken und ohne Rezept abzugeben. Dieser
Fehler rächt sich, indem die Tabakindustrie in diesen Markt
einsteigt: nicht um die Menschen vom Nikotin zu entwöhnen,
sondern um ihren Ausstieg aus der Nikotinsucht zu vereiteln
oder um neue Kunden damit nikotinabhängig
zu machen, die bisher noch nicht zum Rauchen verführt werden
konnten. Die einzige Methode, die das Raucherrisiko
verlässlich reduziert, ist der Rauchstopp und nicht der Konsum
anderer Nikotinprodukte ("harm
reduction"), die Rückfälle fördern und ihre eigene
Toxizität haben, wobei pathogenetisch chronische Entzündungen
in Atemwegen und Arterien eine zentrale Rolle spielen, die
ähnlich wie bei Tabakprodukten verlaufen. Ob eine
gesetzlich verordnete Reduzierung des Nikotingehaltes von
Zigaretten beim Aufhören hilft oder eher zu kompenatorischen
Rauchen und zur Belebung des Schwarzmarktes mit Nikotinprodukten
führt, wird das Experiment der FDA
in den USA
zeigen, wo die Tabakpolitik durch eine Nikotinpolitik abgelöst wird.
Vareniclin (Champix®,
ein partieller Nikotinagonist
, bindet wie Nikotin an Rezeptoren
auf der Zelloberfläche und im endoplasmatischen Reticulum) ist
spezifischer (α4β2-Rezeptor) und besser
wirksam als NRT, aber etwas teurer (Tagesdosis kostet
etwa so viel wie eine Schachtel Zigaretten). Sofern bei
einem Erwachsenen eine medikamentöse Unterstützung einer
Nikotinentwöhnung erforderlich ist, sollten Vareniclin oder Cytisin (Asmoken®)
bevorzugt
werden, die beide wirksamer sind als NRT. Seit 2013 wurde
Vareniclin in der Schweiz stark abhängigen Rauchern ab 18 Jahren
für 12 Wochen von der Krankenkasse bezahlt. Es wirkt sogar, wenn
anfangs noch weitergeraucht wird. Entzugssymptome,
Rauchverlangen und -belohnung werden gemindert
und bei einem Rückfall während der Einnahme von Vareniclin
schmecken die Zigaretten nicht mehr. In klinischen Studien
schafften 44 Prozent der Teilnehmer bei zwölfwöchiger Therapie mit
gleichzeitiger psychologischer Betreuung den Absprung von der
Zigarette. Nach einem Jahr waren noch 22 Prozent abstinent. Über
ein Drittel war nach einem halben Jahr noch rauchfrei, wenn
Vareniclin mit Telefon-
oder Internetberatung
kombiniert wurde und nach einem Jahr 43% bei Kombination mit Verhaltenstherapie.
Dagegen erhöhte ein zusätzlicher Nikotinersatz
die Wirksamkeit bei biochemischer Abstinenzkontrolle nicht. Erforderlichenfalls kann aber die Behandlungsdauer
von 12 Wochen auf 24 Wochen verlängert werden. Die Dosis von
2 x 1 mg pro Tag muss nur bei schwerer Niereninsuffizienz auf die
Hälfte reduziert werden. Bei (meist nur vorübergehender) Übelkeit
wird 4 x 0,5 mg besser vertragen. Stark Nikotinabhängigen, die
trotz Vareniclin noch Entzugserscheinungen haben, aber keine
Übelkeit, kann 3 x 1 mg verschrieben werden. Vareniclin wurde auch
Patienten mit stabilen Herzkreislauferkrankungen
mit Erfolg gegeben. Als Nebenwirkungen
wurden unter anderem Übelkeit, Kopfschmerzen,
Schlafstörungen, Depressionen, Schwindel oder Rückenbeschwerden
beschrieben. Nebenwirkungen auf Bluthochdruck, Durchblutungs- und
Herzrhythmusstörungen und bei einzelnen Patienten eine erhöhte Suizidgefahr
wurden zunächst vermutet. Deshalb wurde eine genaue Anamnese
(Depression, Angst, Suicidgedanken) vor der Verschreibung
empfohlen und erforderlichenfalls eine Kombination mit
antidepressiver Medikation. Depressionen
und andere psychiatrische
Erkrankungen wurden aber unter Vareniclin nicht häufiger
beobachtet als unter dem Antidepressivum Bupropion
oder bei anderen Nikotinentzugstherapien und neuere Studien und
eine Metaanalyse
gaben Entwarnung,
ebenso eine große, bevölkerungsbezogene Kohortenstudie.
Auch neuropsychiatrische Aufnahmen
waren nach Vareniclinbehandlung nicht häufiger als davor. Über
abnorme Träume
wurde seltener berichtet als bei Nikotinpflasterbehandlung. Vor
Verschreibung von Vareniclin (Champix®),
Bupropion (Wellbutrin®) und ihrer Kombination
ist trotzdem eine sorgfältige Anamnese zu empfehlen, schon
deshalb, weil Raucher an und für sich mehr psychiatrische
Krankheiten und höhere Suicidraten
haben und Depression
mit höheren Raucherraten und Misserfolgen bei Rauchstoppversuchen
assoziiert ist. Auch bei Depressiven lassen sich durch eine
Kombination von Psychotherapie und Vareniclin (bzw. eine
Kombination von Medikamenten wie Antidepressiva, Vareniclin und
Bupropion) Erfolgsraten über 70% erzielen. Für Frauen mit Gewichtsproblemen
bzw. -besorgnis ist Vareniclin empfehlenswert, wenn es mit
Ernährungsberatung kombiniert wird. Beim Auftreten abnormer Träume
kann die zweite Tagesdosis schon nach dem Mittagessen eingenommen
werden. Bei stark Nikotinsüchtigen und sogar bei Patienten mit
Schizophrenie hat sich die Kombination von Vareniclin
und Bupropion
bewährt. Psychiatrische Patienten profitieren vom Rauchstopp trotz
Gewichtszunahme.
Neuropsychiatrische
Hospitalisierungen traten unter Vareniclin nicht häufiger auf als
bei Nikotinersatztherapie. Insgesamt waren neuropsychiatrische Störungen
unter Vareniclin sogar etwas seltener als unter
Nikotinersatztherapie und
Suizide nicht häufiger. Vergleiche mit Bupropion und NRT
zeigten in kontrollierten Studien eine höhere Wirksamkeit
von Vareniclin, ohne dass es zu häufigeren cerebralen
Nebenwirkungen kam. Im Tierversuch hatte auch der α3β4-Rezeptor
für die kombinierte Alkohol-
und Nikotinsucht Bedeutung. Studien
bei Alkoholikern
waren ermutigend. Andere partielle α4β2-Agonisten
wie Cytisin
(Tabex®, Asmoken®) oder Dianiclin
waren als Entwöhnungshilfe ähnlich wirksam wie Vareniclin. Bei Herzkranken
sei Vorsicht geboten, meinten kanadische Autoren, was von einer
größeren Metastudie
aber in
Frage gestellt und später verneint
wurde. Jedenfalls überwiegen die Vorteile
von Vareniclin das Risiko
bei weitem. Bei Herzinfarktpatienten
sollte n i c h t dem Bupropion der Vorzug gegeben werden, sondern
eine entsprechende Rehabilitation mit Psychotherapie und
Vareniclin kombiniert
werden. Nach Rückfällen ist keine Dosiserhöhung,
sondern eine bessere Motivation und psychologische Begleitung zu
empfehlen. Im Vergleich
zu Nikotinersatz bekamen Raucher unter Therapie mit
Vareniclin seltener Herzkrankheiten, Insulte und Depressionen und
machten seltener Suizidversuche. Zwischen Patienten mit
Vareniclin- oder Nikotinpflaster-Therapie bestand kein Unterschied
bei Hospitalisierungen wegen psychiatrischer
Erkrankungen. Möglicherweise sind kardiovaskuläre Ereignisse am Beginn
einer Tabakentwöhnung (so wie am Beginn eines Urlaubs) häufiger,
doch der Zusammenhang mit dem Beginn der Einnahme von Vareniclin
muss deshalb nicht kausal sein. Raucher, die nach einem akuten Koronarsyndrom
Vareniclin bekamen, waren nach einem Jahr zu 40% abstinent (die
Placebogruppe nur zu 29%) und hatten nicht häufiger kardiale
Komplikationen, auch nicht häufiger als unter Bupropion, das eine geringere Wirksamkeit
hatte. Jugendliche
brauchen Motivation und kein Medikament, kein NRT und auch nicht
Vareniclin, für das keine
Wirksamkeit unter einem Alter von ca. 16
Jahren nachgewiesen ist. Das koreanische Genericum
"Nocotine" von Hanmi ist ein Vareniclin auf Oxalatbasis. Der
Vertrieb von Champix®
wurde leider 2021 von Pfizer pausiert, nachdem in den USA in
einigen Chargen Spuren von Nitrosaminen nachgewiesen wurden. Der Nutzen
überwog zwar das Risiko bei weitem, aber Champix
wurde schließlich auch in der EU zurückgerufen und nur mehr zur
Beendigung einer schon begonnenen Therapie verwendet, weil
plötzliches Absetzen Rückfälle fördert) und später durch
generisches Vareniclin und andere medikamentöse Hilfen
ersetzt (z.B. Wellbutrin® oder Tabex®). Zu hoffen ist eine baldige
Wiederzulassung dieses wirksamen Medikamentes, dessen Nitrosamingehalt über eine Behandlungsdauer um
Größenordnungen geringer war als der von Zigaretten, deren Konsum
diese Behandlung nachhaltig verhindert. Für Vareniclin und NRT
liegen auch bei hoher Abhängigkeit schon viele Studien vor,
die ihre Wirksamkeit nachweisen. Bei Schwangeren
führt Vareniclin 3-mal häufiger zum Rauchstopp als NRT, doch ist
in der Schwangerschaft eine psychologische Unterstützung beim
Rauchstopp eher zu empfehlen als Medikamente. Rauchenden Diabetikern sollte Vareniclin oder Bupropion
empfohlen werden. Auch Rauchern, die sich noch nicht zu einem
Rauchstopp entschließen, kann Vareniclin verschrieben werden, weil
es das Rauchverlangen reduziert und so schließlich eher zur Nikotinabstinenz führt als NRT und andere
Medikamente. Vareniclin kann auch zur Behandlung der Abhängigkeit
von E-Zigaretten
eingesetzt werden.
Alle Therapien der Nikotinsucht haben nur seltene und in der Regel
harmlose Nebenwirkungen und sollten öfter verschrieben
werden: nicht nur bei Krankheiten, die durch das Rauchen
verschlechtert werden, sondern auch bei Gesunden, denen nicht nur
die klassischen Raucherkrankheiten drohen, sondern auch andere,
für die Rauch oder Nikotin wichtige Risikofaktoren
sind. Auch die psychische
Gesundheit wird durch einen erfolgreichen Rauchstopp verbessert.
Gleichzeitig verbessert sich mit jedem Exraucher auch die Luftqualität
für alle in seiner Umgebung.
NRT
und Bupropion
sollen nach Industrieangaben die Erfolgsraten
"verdoppeln", Vareniclin
"fast verdreifachen", aber tatsächlich ist für Vareniclin nur
eine 2,3-fach
und für NRT nur eine 1,6-fach
bessere Wirkung als Placebo nachgewiesen und in
bevölkerungsbezogenen Studien gar keine
für NRT und Vareniclin
steigerte die Erfolgsrate von 6,2% auf 10%. Die anderen Studien
verglichen nur 2 Gruppen: Raucher, die ein Medikament wollten
und es bekamen mit Rauchern, die ein Medikament wollten und es
nicht bekamen. Studienteilnehmer wurden sorgfältig ausgewählt
und blieben oft nur deshalb in der Studie, weil sie dafür
bezahlt und regelmäßig motiviert wurden. Das ist auf die Allgemeinbevölkerung
nicht übertragbar. Außerdem zeigte sich, dass ca. 90% der
"erfolgreichen" Studienteilnehmer ohne besondere Motivation
wieder rückfällig
wurden. Nikotinersatz
hat gegenüber Placebo nur Langzeit-Erfolgsraten von 6%
(Erhöhung der Abstinenz von 10 auf 16%), ist bei 84%
der Raucher völlig unwirksam,
ist auch in der Allgemeinbevölkerung unwirksam, wenn es auf
dem freien
Markt abgegeben wird und hat eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen,
wie z.B. beim Kaugummi
die Bildung von krebsfördernden Nitrosaminen. Auch bei
Verwendung von Nikotinpflaster
sollte vorsorglich Vitamin C zugeführt werden, um die Bildung
von Karzinogenen
zu verhindern. Die Herzfrequenz
normalisiert sich nach dem Rauchstopp rascher ohne Nikotin.
Neben der Gebrauchsinformation sollten dazu auch Internetforen
gelesen werden, wo z.B. Haarausfall
bei längerer Einnahme angegeben ist. Grundsätzlich ist die
Medikation ohne ärztliche Begleitung problematisch, ohne
fachliche Beratung überhaupt abzulehnen und sollte nicht subventioniert
werden. Ergebnisse von Cochrane Reviews zu Nikotinersatz
wurden für multiple Bias nicht entsprechend korrigiert und
sind daher anzuzweifeln. Seit die Tabakindustrie erkannte,
dass NRT
ihr Geschäft nicht stört (u.a. weil es viele Raucher
verwenden, ohne mit dem Rauchen aufzuhören), vertreibt sie
selbst NRT, aber leider auf dem freien Markt und ohne
Kontrolle durch Arzneimittelbehörden. Vareniclin
hatte in Studien zwar 3-mal höhere Erfolgsraten als
Nikotinersatz und Bupropion, hat aber diese Mittel in der
rauchenden Bevölkerung bisher nicht so verdrängt, um die Aufhörraten
wesentlich zu erhöhen. Angebliche Erfolge von E-Zigaretten
bei der Tabakentwöhnung wurden von methodisch schwachen
Studien mit zu kurzen
Beobachtungszeiten behauptet, während seriöse und
industrieunabhängige Studien keine
Erfolge bzw. sogar Misserfolge
zeigten. Nur in England leitete Cochrane aus 6 ausgewählten Studien eine
1,6-fach höhere Wirksamkeit von E-Zigaretten gegenüber
"traditionellen Methoden" ab, schloss aber dabei 72 Studien
aus, einschließlich aller bevölkerungsbezogenen Studien und
die einzige recherchierte Studie, die E-Zigaretten mit
Vareniclin verglichen hatte und bei Rauchern mit
Coronarsyndrom eine 3-mal höhere Erfolgsrate von Vareniclin gefunden hatte, wurde in der
Zusammenfassung verschwiegen.
Die wenigsten sogenannten "Doppelblindstudien" überprüften die Einhaltung der Blindbedingungen bzw. versäumten entsprechende Korrekturen, sodass NRT-Wirkungen meist nicht sicher von Placebowirkungen unterscheidbar sind. Ähnliches gilt für Bupropion (Wellbutrin®, Zyban®), das allerdings gegenüber NRT den Vorteil hat, nur auf Rezept abgegeben zu werden und die Nikotinsucht nicht aufrechtzuerhalten. Dafür beträgt das Risiko eines Grand Mal Anfalles - auch bei Beachtung der Kontraindikationen- immerhin ein Promille. Im Bereich des Nucleus accumbens scheint die synaptische Dopaminkonzentration nach 8-wöchiger Therapie mit Bupropion, Placebo, Psycho- oder Gruppentherapie gleich stark abzunehmen, doch sind Suchtmechanismen nur teilweise aufgeklärt. Krebsfördernde Wirkungen des Nikotins und die endogene Bildung karzinogener Nitrosamine aus "Nikotinersatzpräparaten" sind in ihrer Bedeutung für die Praxis umstritten, aber jedenfalls ist Nikotin ein Suchtgift und der Ausdruck NRT ist nur dann gerechtfertigt, wenn Nikotin nur begrenzte Zeit während des Tabakentzugs eingenommen wird. Dagegen ist die Einnahme von Nikotinpräparaten ohne Einstellung des Rauchens gefährlich. Auch bei Intensivpatienten sollte lieber auf Nikotinpräparate verzichtet werden. Kontraindiziert ist Nikotin auch bei instabiler oder sich verschlechtender Angina pectoris, starken Herzrhythmusstörungen sowie unmittelbar nach einem Myokardinfarkt oder Insult. In der Schwangerschaft ist Nikotin wegen seiner Wirkung auf Lunge und Gehirn des Ungeborenen kontraindiziert. Weiters sollte Nikotin während einer Krebstherapie vermieden werden, da es das Krebswachstum fördert. Bei längerer Einnahmeals 3 Monate ist das Risiko einer Abhängigkeit gegeben. Gelegentlich kann aber ein langsames Ausschleichen (Dosisreduktion) nötig sein. Wirksamer als Kaugummi und andere orale Nikotinpräparate ist Nikotinpflaster, das auch nur in 2% zur Abhängigkeit führt, während bei oralen Nikotinpräparaten das Risiko, dass die Nikotinsucht aufrechterhalten ca. 7-9% und beim Nasenspray ca. 13% beträgt. Das Risiko, sowohl von Tabak- als auch von Nikotinprodukten abhängig zu bleiben, dürfte bei der E-Zigarette am höchsten sein. Abzulehnen ist auch Oraltabak (Lutschtabak und Kautabak), weil er Karzinogene enthält und Herzkreislauferkrankungen fördert. Während der Lungenkrebsbehandlung kann NRT die Wirkung der Chemotherapie blockieren.
Bei starken Rauchern mit einer anamnestischen Depression sollten vorsorglich Antidepressiva beim Entzug verschrieben werden. Auch Bupropion hat eine antidepressive Wirkung. MAO-Blocker werden diskutiert, sind aber für diese Indikation noch nicht erprobt. Auch bei Depressiven muss die Gesprächstherapie die Basis bleiben und kann durch Pharmaka nur unterstützt werden. Für alle psychischen Erkrankungen gilt, dass ein Rauchstopp den Patienten hilft und ihr Erkrankungs- und Sterberisiko reduziert, aber jedenfalls ärztlich begleitet werden sollte. Ob die Gewichtszunahme nach dem Rauchstopp durch Antidepressiva wie Fluoxetin längerfristig reduziert werden kann, ist noch nicht endgültig geklärt. Vareniclin kann auch mit NRT kombiniert werden, doch sinkt die Compliance bei Kombinationstherapie und Nebenwirkungen können nicht mehr klar zugeordnet werden.
Andere
Pharmaka
können auch helfen, besonder solche, die am (α4)3(β2)2
nAChR wirken und an anderen Rezeptoren,
die im Gehirn Belohnung und Aversion steuern. Sie sind z.T. sogar
billiger
als Zigaretten, wie der wiederentdeckte,
billige und gut
wirksame,
partielle
α4β2-Agonist Cytisin
(Tabex®,
Cytisinicline, Recigarum®,
Todacitan®), der aus dem Goldregen (Laburnum
anagyroides) gewonnen wird und erfolgreicher
ist als NRT,
weiters das Antidepressivum Nortriptylin
und Reboxetin (blockieren Wiederaufnahme von Noradrenalin), der
Serotoninrezeptor-Partialagonist Psilocybin,
Rimonabant
(Acomplia®, Cannabinoid-1-Rezeptor-Antagonist,
appetithemmend, verschlechternd auf Depressionen, Angststörungen),
Semaglutide
bei Diabetes II, Naltrexon
(bei Frauen appetithemmend),
das Antiparkinsonmittel L-Deprenyl (Selegin, ein MAO-B-Inhibitor
und -wie Bromocriptin- ein Dopaminagonist), L-Cystein
(Monoaminoxidasehemmer), N-Acetylcystein
und Varenidin (Modulatoren des nACh-Rezeptors), Mecamylamin
(Antagonist des nACh-Rezeptors), Clonidin
(für Hypertoniker), Meclobemid und Selegilin (Mao-Blocker), Methoxsalen
(Psoriasismittel, das Nikotinabbau hemmt), verschiedene
Tabakderivate(z.B. Solanosol), Enzyme
(die Nikotin abbauen)
oder Vaccine
(die das Eindringen von Nikotin ins Gehirn verhindern) sind erst
in Erprobung (Tierversuche). Haluzinogene wie Psilocybin
wurden erst an wenigen Rauchern erprobt. Galantamin
(ein Cholinesterasehemmer zur Alzheimerbehandlung) wurde an
Rauchern bisher nur kurzzeitig versucht. Von einigen potentiellen
Hilfsmitteln wie Orexin
(Hypocretin) liegen bislang nur Tierversuche
vor. Von anderen ist wegen ernster Nebenwirkungen abzuraten. Das
Wechselspiel von Nikotin und anderer
(zum Teil von der Zigarettenindustrie manipulierter) Inhaltsstoffe
des Tabakrauches ist nur zum Teil geklärt. Gegen Entzugssymptome
wurden auch schon Atropin, Scopolamin und Chlorpromacin
eingesetzt, allerdings mit zweifelhaftem Erfolg, ebenso
Haluzinogene wie Psilocybin.
Hilfsmittel mit Placebowirkung sind Homöopathie, Ohrakupunktur,
Nahrungsergänzung, Yoga,
Meditation,
etc. Spezielle Tipps für Alkoholiker.
Die im Gehirn
für die Sucht
verantwortlichen Vorgänge sind nur z.T. erforscht. Aversions-
und Schlaftherapien
sind erst in experimenteller Erprobung, ebenso Therapieversuche
mit elektromagnetischer Hirnstimulation.
Als falsch hat sich die Annahme herausgestellt, dass mit den
Fortschritten der Tabakkontrolle die Raucherzahl zwar abnimmt,
aber stark abhängige Raucher überbleiben, die besonders intensive
Therapien brauchen: Die stark Abhängigen nahmen in Europa
mit der Raucherquote ab und sind in Ländern mit hoher Raucherquote
häufiger.
Die Ärzteinitiative empfiehlt keine alternativen
Mittel, die ohne das Ziel einer Abstinenz von Zigaretten und
anderen Rauchwaren beworben werden. Elektronische
Zigaretten
(Ecigs) und Heated Tobacco (HTPs)
wurden nicht als Entwöhnungshilfe
entwickelt und können dafür nicht empfohlen werden (S3-Leitlinie).
Ecigs wurden zunächst als Arzneimittel eingestuft, wobei der
Handel mit Arzneimitteln illegal ist, solange
ihre Wirksamkeit und die unerwünschten Nebenwirkungen
nicht getestet wurden. Nach einem EUGH-Urteil müssen Funktionsarzneimittel
physiologische Wirkungen haben und dem Konsumenten einen
medizinischen Nutzen bringen (z.B. als zugelassenes Arzneimittel
zur Raucherentwöhnung). Aber die Inhaltsstoffe von E-Zigaretten
auf dem freien Markt werden nicht nach Arzneimittelgesetzen
geprüft und enthalten neben Nikotin zahlreiche lungentoxische
Verbindungen wie z.B. lipidartige,
Tributylphosphinoxid und auch Additive, die in Tabak nicht mehr
erlaubt sind. HTPs
und E-Zigaretten brauchen
Regulierung.
In USA hätte man sich EVALI
durch ein Zulassungsverfahren
für E-Zigaretten erspart, statt gleich alles auf den freien Markt
zu bringen. Weltweit
gibt es unterschiedliche Regulierungen. Völlig unverständlich ist,
dass nach Arzneimittelgesetz geprüfte Mittel Werbebeschränkungen
unterliegen, während in manchen Ländern für Produkte der
Tabakindustrie geworben werden darf, obwohl ihre Additive oft
unbekannt sind, ihr Nikotingehalt unverlässlich und ihre Wirkung
als Entwöhnungshilfe von der Tabakzigarette fraglich ist.
Sogenannte "offene
Systeme" lassen sich kaum regulieren. In USA
wurde unter Obama für E-Zigaretten, die als Entwöhnungshilfe vom
Tabak verkauft werden, ein Zulassungsverfahren als Arzneimittel
vorgesehen, das seit Trump nicht mehr verfolgt wurde, obwohl neue Reviews
und Analysen dievon Anfang an bestehenden Bedenken
erhärteten. Nur 13% der 18-35-Jährigen
verwenden E-Zigaretten in der Absicht, ihren Tabakkonsum zu
stoppen und das in der Regel ohne Erfolg. Zwar wurden die geringen
Erfolgsraten
der Nikotinersatztherapie durch E-Zigaretten in Einzelstudien
übertroffen, nicht aber in einer Metaanalyse. Außerdem bleiben 4 von 5 der nach
einem Jahr Tabakabstinenten von der E-Zigarette und damit vom
Nikotin abhängig. Durch abwechselnde Verwendung mit
Tabakzigaretten (dual
use) steigt das Risiko
sogar, wie Labortests auf oxidativen Stress und Biomarker der
Entzündung (Inflammation) zeigen. In Australien,
Brasilien, Canada, Palau, Singapur und Thailand sind
nikotinhältige E-Zigaretten bereits verboten oder rezeptpflichtig.
In England
werden leider noch 5
Mythen über E-Zigaretten verbreitet (was dem Land
langfristig schaden wird). Denn Hilfe beim Nikotinstopp
konnte durch E-Zigaretten als Konsumartikel auf dem freien Markt nicht
nachgewiesen werden. Die Risikoreduktion
der wenigen
Raucher, die dauerhaft auf E-Zigaretten wechseln, wird weit
übertroffen durch neue Nikotinsüchtige, die unter Nichtrauchern
mittels E-Zigaretten rekrutiert werden und in der Folge zu
Tabakzigaretten wechseln, sowie durch Exraucher, die über
E-Zigaretten rückfällig werden und Raucher, die vom Tabak nicht
loskommen, weil sie E-Zigaretten einer wirksameren Rauchertherapie
vorziehen. Schon die Werbung für E-Zigaretten zielt auf abwechselnden
Gebrauch
mit Tabakzigaretten ab: "Genießen Sie Nikotin überall und
jederzeit, auch dort wo das Rauchen verboten ist". Dass E-Zigaretten
(trotz ihrer unverlässlichen Nikotindosierung) jetzt wieder von
den selben Personen propagiert werden, die zuvor für Nikotin der
Pharmaindustrie warben, ist weniger verwunderlich als die in
England generell unkritische
Haltung gegenüber Nikotin, der sich nicht nur Konsulenten der
ECITA (Electronic Cigarette Industry Trade Association, sondern
auch John Newton,
Ann McNeill
und Linda Bauld
anschlossen und ein Cochrane
Review, das nur die Wirkung auf hochselektierte Gruppen von
Rauchern darstellt und die Wirkung auf die Bevölkerung
einschließlich nichtrauchender Jugendlicher ignoriert. Dass man Cochrane bei
Reviews zu E-Zigaretten nicht vertrauen kann, zeigt u.a. dass Befürworter wie
Peter Hajek als "principal investigators" fungierten, die gute
Studien eliminierten, aber nicht ihre eigene und nicht einmal eine
von der Tabakindustrie geförderte Studie. Politischer Einfluss
scheint für Konzeption, Studienauswahl und Schlussfolgerung
dieses Reviews ausschlaggebend gewesen zu sein. Eine Studie von
Lin, Liu und Hajek (JAMA Intern Med 2024) hatte eine Hilfe von
E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung beschrieben, musste aber
wegen Kodier- und Rechenfehlern zurückgezogen werden. In der
Schweiz verharmlosen Jean Francois Etter und Thomas Zeltner das
Nikotin, in Österreich Bernhard Mayer.
Dagegen warnen Kinderärzte und Wissenschaftler, die über Wirkungen
des Nikotins
auf Ungeborene, Kinder und Jugendliche Bescheid wissen, sowie über
seine
krebsfördernden und kardiovaskulären
Wirkungen. Kasuistisch wurde auch obstruktive Bronchiolitis als Folge von E-Zigarettenkonsum
beschrieben.
Chemische Reaktionsprodukte
aus Propylenglykol und Aromen
entstehen schon in den Fluids
und noch mehr beim Erhitzen und Zerstäuben. Es genügt nicht, die
Fluids auf Nikotin
und Suchtverstärker zu untersuchen, denn auch ein größerer Docht
wie im Juul für den EU-Markt erhöht die Nikotinabgabe und
Nikotinsalze erleichtern die tiefe Inhalation mit raschem
Ansteigen der Nikotinspiegel in Blut und Gehirn. Im Aerosol der
über Internet erhältlichen E-Zigaretten
wurden hunderte Chemikalien,
Nikotin
und andere Tabakalkaloide, andere Gifte
wie Methylglyoxal,
Diacetyl,
Vitamin-E-Azetat,
Karzinogene (Nitrosamine,
Formaldehyd,
Benzol,
Acrolein,
Pulegon
aus Minzöl; Ni,
Cr) und andere toxische Schwermetalle
nachgewiesen, z.T. in Form von Nanopartikeln,
wobei geringe aerodynamische Durchmesser
zu einem tiefen Eindringen in die Lunge führen. Verdunstung und
Zugabe von Glycerin
zum Propylenglykol reduzieren die Durchmesser der Partikel,
Koagulation erhöht sie. Milchsäuresalze des Nikotin fördern den
Transfer von Nickel und Chrom in das Aerosol von E-Zigaretten.
Metalle werden im Gehirn
und anderen Organen gespeichert und sind im Harn nachweisbar, wobei die Strontiumbelastung
durch E-Zigaretten höher als bei Tabakzigaretten und die Zinkbelastung
mit oxidativen DNA-Schäden korreliert war. In der Mundschleimhaut kommt es durch E-Zigaretten zu
ähnlichen DNA-Schäden
wie durch Tabakrauch, z.B. am POLB-Gen (DNA-Polymerase-Beta) und
am HPRT-Gen (Hypoxanthin-Phosphoribosyltransferase-1). Die Mundflora
wird geschädigt, Zahnfleischentzündungen unterhalten,
Zahnausfall und Karies gefördert und (wie beim Tabakrauchen)
auch Epithelmetaplasien. Speichelanalysen
zeigten eine ähnliche Immunantwort wie auf Tabakrauch, die Abwehr
der Nasenschleimhaut gegen Influenza
und andere Viren wird durch E-Zigaretten beeinträchtigt und
Bronchoskopien ergaben Schädigungen des Bronchialepithels,
in dem der Ionentransport
behindert wird und Proteasen
freigesetzt werden, die bei der Emphysembildung
eine Rolle spielen. Gesundheitsrisken der E-Zigaretten und HTPs sind insgesamt zwar geringer als die der
Tabakzigarette, aber im Vergleich zu normaler Atemluft doch
beträchtlich, was vor allem am Nikotin, an den Aromen
und den feinen bis ultrafeinen Partikeln
und Reizstoffen liegt. Experimentell sind bei Nichtrauchern durch
die Aerosole von Propylenglykol und Glyzerin Zunahmen von Entzündungszellen
(Lymphozyten, Makrophagen) und Zytokinen (IL-8, IL-13, und TNF-α)
in der BAL nachgewiesen. Nikotinhältige
Aerosole
schädigen Makrophagen (nikotinabhängige Lipidspeicherung) und Lungenepithelzellen (Surfactant,
Oberflächenspannung, Infektabwehr). Schon bei gesunden "Dampfern"
wird wie bei Rauchern eine reduzierte Infektabwehr (Pseudomonas
aer. in vitro) und eine nikotinabhängige Abnahme von SP-A in der BAL
beobachtet. Tierversuche zeigten kardiale und kardiovaskuläre
Wirkungen, Störungen der Mikrozirkulation, der Selbstreinigung der
Atemwege,
der Reparaturmechanismen
und Lungenveränderungen
Richtung COPD
und Emphysem, ähnlich wie durch Tabakrauch, Embryotoxizität,
DNA-Schädigung
in Lunge, Harnblase, Mundschleimhaut, Herz, Beeinträchtigung der
DNA-Reparatur und Krebs
in der Lunge von Mäusen und in der Blase Vorstufen von Krebs. Auch
in Mundschleimhaut und im Blut von "Dampfern"
fanden sich epigenetische
Veränderungen (wie im Blut von Rauchern), die ein Krebsrisiko
anzeigen, ebenso wie DNA-Schäden, besonders durch die gegen Ende
der E-Zigarette eingeatmeten Aerosole, die mehr metallinduzierte Radikale enthalten. Auch die
Aromastoffe
nikotinfreier E-Zigaretten verursachen Sauerstoffradikale,
eine inflammatorische Reaktion der Monozyten und gefährden Asthmatiker.
Zimt
stört die Reinigung der Atemwege. Die Inhalationstoxizität
tausender Aromen
und ihrer inflammatorischen Reaktionsprodukte (z.B. Acetale)
ist noch gar nicht geprüft. Entzündungsmarker wie CRP
sind im Blut von Dampfern erhöht. Im PET zeigten Dampfer mehr Zeichen einer
inflammierten Lunge als Tabakraucher. Experimentell zeigten sich
an menschlichen Zellen
und an Mäusen
eine Schädigung der Lungen-Fresszellen, die Mikroben abwehren,
erhöhte Virulenz von Bakterien, die Atemwegsepithelien
angreifen sowie ein Zusammenbruch der Lungen-Abwehr mit Lipidspeicherung
in den Fresszellen, wie sie auch bei der akuten "Dampferkrankheit
(EVALI)"
mit Lungenversagen
beobachtet wurde. Das klinische
Bild ist so heterogen
wie die Inhaltsstoffe von E-Zigaretten (Aromen, Cannabisöl mit Kolophonium,
Vitamin
E-Acetat, Gewürznelken,
etc.). Respiratorische
Symptome sind bei Dampfern häufiger. Akute eosinophile Pneumonien
traten sowohl nach Konsum von E-Zigaretten
als auch nach erhitztem
Tabak auf und ein Fall einer Methämoglobinvergiftung
wurde mit Propylenglykol und Dimethylalanin bzw. Vanillin aus
E-Zigaretten in Zusammenhang gebracht. Kardiovaskuläre
Effekte
von E-Zigaretten ähneln denen des Aktiv- und Passivrauchens.
Nikotinhältige E-Zigaretten
sind eigentlich Insektizidsprays und produzieren Ultrafeinstaub
ähnlich wie konventionelle Zigaretten. Sie wurden seit 1990 von
der Tabakindustrie
als Ergänzung der Tabakzigarette entwickelt, um neue
Kunden zu gewinnen, den Ausstieg aus der Nikotinsucht zu
erschweren und Rauch- und Werbeverbote
zu umgehen. E-Zigaretten stören in vitro die Phagocytose
und im Tierversuch erhöhten sie die Infektionsanfälligkeit
für Bakterien
und Viren
und unterhielten über Sauerstoffradikale
eine Entzündung,
die in Hirn, Herz
und Colon nachweisbar war, im Epithel der Atemwege von Rauchern eine Regeneration
verhindert und die langfristig in der Lunge zu COPD
führen könnte. Die Immunantwort
der menschlichen Lunge auf E-Zigaretten ähnelt der auf
Tabakzigaretten und ist bei E-Zigaretten der 4. Generation stärker ausgeprägt als bei
solchen der 3. Generation. Herzinfarkte
und andere kardiovaskuläre Krankheiten sind ebenfalls bei oxidativem
Stress zu erwarten, besonders bei kardiotoxischen
Aromen, aber auch durch den Sympathicotonus
und Rhythmusstörungen
die das Nikotin und seine Salze verursachen, sowie durch Acrolein.
Endotheliale
Dysfunktion
und Versteifung
der Arterien sind sowohl durch Tabakzigaretten wie durch
E-Zigaretten zu beobachten, wobei Juul
die Endothelfunktion so stark beeinträchtigt wie Marlboro. Auch
die Aktivierung von Blutplättchen
durch E-Zigaretten ist ebenso stark wie durch Tabakzigaretten und
zeigt das Risiko eines thromboembolischen Gefäßverschlusses an. In
Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass E-Zigaretten-Aerosol in der
Schwangerschaft die Hirndurchblutung
der Nachkommen bis ins Erwachsenenalter beeinrächtigt und dass es
durch E-Zigaretten zu ähnlichen Störungen der Lungen- und Knochenentwicklung kommt wie durch
Tabakzigaretten. Ähnlich wie Tabakrauch stören E-Zigaretten das orale
Mikrobiom. Zahnkaries,
trockener Mund und Zahnfleischerkrankungen
werden gefördert. In vitro sind außer inflammatorischen Reaktionen
auf E-Zigaretten auch Aktivierungen von Blutplättchen
(Gerinnung) nachgewiesen und im Tierversuch
ähnliche Blutgerinnungserhöhung
sowie Funktionsstörungen und Schädigung von Arterien
und Haut
wie durch Tabakrauch. E-Zigaretten der schwangeren Mutter wirken
durch Nikotin
und Aromen auf das Gehirn
des Ungeborenen, wie Tierversuche zeigten. Auch durch nikotinfreie
E-Zigaretten kommt es zu einer Entzündungsreaktion
in den Atemwegen und zur Epithelschädigung im Mund
(ähnlich wie durch Tabakrauch) und in der Lunge,
durch Aromen,
Kühlmittel,
Reizstoffe
und freie Radikale
im Aerosol (ROS
ähnlich wie bei Tabakzigaretten) sowie durch bakterielle
Toxine. Pneumokokken
lagern sich leichter an Lungenzellen an. Die akuten Folgen für die
Gefäßinnenwand (Vermehrung endothelialer Stammzellen)
sind nach 10 Zügen aus einer E-Zigarette vergleichbar stark wie
nach dem Rauchen einer Tabakzigarette. Auf das Atemwegsepithel
wirken Aromen
toxisch, besonders cremige
Aromen in Fluids auf Glycerinbasis. Für den Herzmuskel
erwiesen sich andere Aromen als toxisch. Endothelzellen von Arterien
werden durch Aromen wie Vanille, Menthol, Zimt, Gewürznelken oder
Popcorn funktionell beeinträchtigt. In der Netzhaut schädigen Zimt, Menthol und andere
Aromen das Pigmentepithel, was zusammen mit der Nikotinwirkung für
die frühe Maculadegeneration verantwortlich sein könne. Auch Monozyten
werden oxidativ geschädigt. Im Gehirn
schädigen E-Zigaretten die Mitochondrien
von Stammzellen (ähnlich wie E-Zigaretten oder Tabakrauch die Mitochondrien
von Alveolarmakrophagen
und Endothelzellen)
und damit die Energieproduktion. Bei einem Nikotinpräparat
aus der Apotheke ist eine schrittweise Reduktion der Nikotinzufuhr
bis zum kompletten Ausstieg sinnvoll, aber e-Zigaretten mit
reduziertem Nikotingehalt können durch kompensatorisches
Rauchen das Risiko sogar erhöhen. Ein Gutachten des Pharmakologen
Mayer empfahl voreilig Ruyan als Entwöhnungshilfe,
allerdings nur für erwachsene Raucher. Daraufhin wurde dieser
Nikotinverdampfer gleich als Zigarettenersatz beworben als wäre
Nikotin harmlos oder gar gesund. Dabei ist die Nikotinmenge in
E-Zigaretten sehr unterschiedlich, die Dosisangabe
unverlässlich
und das Nikotin wird auch von Umstehenden eingeatmet (in ähnlicher
Menge wie bei echten Zigaretten), ebenso Lösungsmittelaerosole wie
Diaethylenglycol (reizt Schleimhäute und verengt
die Atemwege), Nanopartikel,
Carbonylverbindungen
wie Formaldehyd
(z.T. maskiert
als Hemiacetale),
Acrolein,
die Lungengifte
Diacetyl
und Acetylpropionyl und bei manchen Marken und Chargen Benzol
und Nitrosamine.
Die verwendeten Lösungsmittel reagieren schon in den instabilen
Fluids mit zugesetzten Aromen und bilden toxische Verbindungen,
die Bronchialepithelzellen schädigen und in deren Mitochondrien
den Energiestoffwechsel. Nikotin (das in Juul
in zytotoxischer Konzentration enthalten ist), aber auch Acrolein
(selbst bei nikotinfreien E-Zigaretten) erhöhen die
Durchlässigkeit der Zellmembran
von Lungenkapillarendothelien und führen zu oxidativem
Stress, chronischer Inflammation
(auch durch Acetale)
und beeinträchtigter Infektabwehr, u.a. gegen Pneumokokken
und Pilzen (Soor).
An Epithelzellen (Mund, Rachen) und der Erbsubstanz entstehen
Schäden (Doppelstrangbrüche), die auf ein Krebsrisiko
hinweisen, das sogar bei nikotinfreien E-Zigaretten bestehen
könnte, u.a. durch Schwermetalle.
Ähnlich wie bei Tabak-Leichtzigaretten kann die Nikotinreduktion
zu intensiverem Inhalieren und damit zu höheren Belastungen mit Carbonylen
führen. Sub-Ohm Devices (SODs)
verdampfen mehr Fluids und setzen entsprechend mehr krebsfördernde
Aldehyde frei. Tierversuche zeigten Herzrhythmusstörungen und Nierenschäden,
die u.a. auf Lösungsmittel wie Äthylenglycol zurückführbar sein
könnten. Andere Lösungsmittel aus der E-Zigarette wurden mit
Fällen von Alveolitis
und Lipidpneumonie in Zusammenhang gebracht. Im
Harn sind nach Konsum von E-Zigaretten Blasen-Karzinogene
nachweisbar und im Tierversuch kommt es zu einer Hyperplasie des
Blasenepithels und zu Adenokarzinomen
der Lunge. Das könnte auf die endogene Nitrosierung des Nikotins,
die Bildung karzinogener DNA-Addukte
in Lunge und Blase und die Hemmung der DNA-Reparatur zurückführbar
sein. Auch embryotoxische
Wirkungen sind nicht auszuschließen, weshalb rauchenden
Schwangeren der Rauchstopp und nicht der Wechsel zu E-Zigaretten
(oder NRT)
geraten werden sollte. Patienten mit Depressionen,
Angststörungen und anderen psychiatrischen Krankheiten greifen
eher zur e-Zigarette. Akute Vergiftungsgefahr mit evt. Todesfolge
besteht vor allem für Kinder
durch Verschlucken der Nachfüllungen, aber auch über Resorption
der Flüssigkeit über die Haut können akute Vergiftungen ausgelöst
werden. Über die Gefahr der Verwechslung mit Augentropfen
wurde berichtet. Die von den Produzenten der E-Zigaretten
in Auftrag gegebenen Gutachten weisen zwar auf Gefahren des
Nikotins hin, verschweigen aber das beträchtliche Suchtpotential
der E-Zigarette, ihre Attraktivität
für Kinder (durch Aromastoffe und leichte Inhalierbarkeit) und ihr
Potential als Einstiegsdroge
(in der Werbung verharmlost
und leicht erhältlich im Internet).
Berichtet wird auch nicht über die Misserfolge
bei der Tabakentwöhnung (sogar in placebokontrollierten Studien
nur 7%
abstinent nach 6 Monaten; im Längsschnitt kein Vorteil gegenüber NRT), die Zunahme der abwechselnden
Verwendung von Tabak- und E-Zigaretten, die durch insgesamt höhere
Nikotindosen den Ausstieg erschwert und über die Assoziation von
"Dampfen" und Depression.
Manchen Fluids wird Alkohol
zugesetzt im Internet gibt es Anleitungen zum Zusatz von Cannabis
und anderen illegalen Drogen
sowie zum "Dripping".
Tanksysteme wie Squonk ermöglichen Spannung und Temperatur zu
erhöhen und damit nicht nur die Nikotindosis,
sondern auch Formaldehyd und andere Karzinogene und Reizstoffe. Bilder
in sozialen Medien suggerieren harmloses Vergnügen. Noch
problematischer als Nikotinverdampfer sind Tabakverdampfer
(HTPs),
wie sie z.B. Japan Tobacco als "Ploom"
auf den österreichischen Markt brachte und die von P.
Morris als "HeatSticks",
TEEPS oder "Iqos"
("I Quitted Ordinary Smoking"), von Korea Tobacco als LIL, von
Imperial Brands als Pulze und von BAT als "Glo"
(Temp. 140-240°) verkauft werden. Ploom enthält 16% Tabak, Glo 35%
und IQOS 51%, aber durch Zusatz von Nikotinsalzen ist die
Nikotinabgabe vergleichbar. Nikotinsalze senken den pH zu besseren
Inhalierbarkeit und Aufnahme von Nikotin ins Blut und werden auch
mit Mundtrockenheit, Gelenksbeschwerden, atopischer Dermatitis,
allergischer Rhinitis, Haarverlust, Asthma, Pneumonien, ARDS und
Krampfanfällen in Zusammenhang gebracht. LIL
und andere enthalten Aromakapseln. Auch wenn beim Erhitzen
von Tabak bis auf ca. 350 Grad weniger Acrolein, Aldehyde und PAH
aus dem (stark gehechselten und gepressten) Tabak gebildet werden
als bei seiner Verbrennung, sind viele Reaktionsprodukte und ihre
Kombinationswirkungen noch unbekannt. Bei passiver Inhalation von
erhitztem
Tabak werden mehr Schadstoffe
aufgenommen als von E-Zigaretten, weil dabei Tabak z.T. verschmort wird. Besonders aus Tabakkrümel
können karzinogene Pyrolyseprodukte entstehen. Auch toxische und
sensibilisierende Isocyanate
können sich bilden. IQOS
lockt mehr Menschen in die Nikotinsucht
als es Rauchern hilft, vom Rauchtabak loszukommen (weil die Nikotinspitzen
in Blut und Gehirn geringer sind als bei Tabakrauch), hat
beträchtliche Teer-
und Nikotingehalte, beeinträchtigt die Durchblutung
wie Tabakrauch, ist wahrscheinlich lebertoxisch,
zeigte an Versuchstieren
und menschlichen Lungenzellen
ähnliche Toxizität wie Tabakrauch und überzeugte auch nicht bei Laborwerten
klinischer Studien. HTPs
verursachen oxidativen
Stress, Endothelschädigung
und Gerinnungsaktivierung über die Blutplättchen. Pneumologen,
Kardiologen,
Pädiater, Toxikologen
und Suchtexperten
äußerten sich besorgt über IQOS
und E-Zigaretten. Sogar E-Zigaretten, die Fluids nur mit Ultraschall erhitzen und vernebeln, führen
sofort zur endothelialen
Dysfunktion. Sehr kleine Partikel, die über die Lunge ins Blut,
alle Organe und auch ins Zellinnere gelangen können, stören die Proteinsynthese und -faltung im
endoplasmatischen Reticulum. In vitro werden menschliche Leukozyten durch das Aerosol von E-Zigaretten
geschädigt. Das österreichische Gesundheitsministerium hat 2007
die Füllungen nikotinhältiger E-Zigaretten als Arneimittel
eingestuft, das ein Zulassungsverfahren bestehen müsste, um
vertrieben werden zu dürfen, aber der Handel in Österreich hielt
sich bis heute nicht daran! Erlässe des Gesundheitsministeriums
dienten offenbar nur dazu, österreichische Gesetze im
internationalen Vergleich
besser darzustellen, werden aber nicht exekutiert. International
wird auf die Gefahr der Renormalisierung
des Rauchens durch die E-Zigaretten hingewiesen (sogar in Kalifornien,
wo man das Raucherrate bei Jugendlichen schon stark gesenkt
hatte). Deutsche Suchtexperten
warnen vor E-Zigaretten und die Schweiz hat Fakten für
die Aufklärung der Jugend
zusammengestellt. Raucher, die E-Zigaretten verwenden, möchten
nicht häufiger mit dem Rauchen aufhören
als Raucher, die noch nie E-Zigaretten probierten.
Gelegenheitsraucher werden durch E-Zigaretten und Shisha eher nikotinabhängig,
womit die Tabakindustrie ihr Ziel erreicht hat. Singapur u.a.
Staaten haben E-Zigaretten völlig verboten.
Australien hat allen nikotinhältigen Produkten eine Lizenzpflicht
auferlegt, also Tabakwaren inklusive erhitzter Tabak,
nikotinhältige E-Zigaretten und Oralprodukte wie Skruf, Faro,
Lyft, Velo, Dryft, Nordic Spirit oder Zyn, die ähnlich wie
Lutschtabak (Snus) gehandhabt und auch von der österreichischen
Dopingbehörde als Einstiegsdrogen
bezeichnet werden. Eine Lizenz sollte nur gewährt werden, wenn das
Produkt getestet wurde und nur passager zum Zweck der
Tabakentwöhnung erwachsenen Rauchern verschrieben wird, wobei der
angegebene Nikotingehalt
verlässlich sein muss. Das Produkt sollte äußerlich keine
Zigaretten imitieren und darf nicht in Räumen zur Anwendung
kommen, in denen Rauchverbot herrscht. Die Verharmlosung
der E-Zigaretten (z.B. in Veröffentlichungen und Briefen von Gerry
Stimson,
Clive Bates
an Gesundheitsminister in der EU) sind konzertierte Aktionen,
hinter denen massive Geschäftsinteressen
stehen. Der Jugendschutz scheint diesen Herren und Bernd Mayer
gleichgültig zu sein, obwohl sie wissen sollten, dass E-Zigaretten
von Jugendlichen auch zum Konsum illegaler
Drogen (z.B. Cannabis, Dimethyltryptamin) verwendet werden und das
Auftropfen
aromen- und nikotinhältiger Lösungen auf den Heizdraht die
Wirkungen noch verstärken.
Cannabis
wird stärker mit E-Zigaretten aufgenommen als durch Rauchwaren
(Marihuana) und könnte auch an einem Teil der Fälle von "Dampferkrankheit"
beteiligt gewesen sein. Manche britische Autoren und der
griechische Kardiologe Farsalinos verschwiegen ihre
Interessenskonflikte. Den wenigen und methodisch schwachen Studien,
die in E-Zigaretten eine Rauchstopphilfe sehen, stehen viele und
z.T. gravierende Gefahren
für wesentlich mehr Menschen gegenüber. Außerdem scheinen
E-Zigaretten bei vielen Rauchern zu keiner Reduzierung der Symptome und des Risikos zu führen, sondern zu
einer Verlängerung der Schädigung. Bei neueren
E-Zigaretten lassen sich illegale Drogen zusetzen und die Spannung
und Temperatur erhöhen, was das Aerosol noch gefährlicher macht.
Nikotinvergiftungen traten durch manipulierte
E-Zigaretten auf. Das toxische Aerosol von HTPs und E-Zigaretten wird von skrupellosen
Geschäftemachern als ebenso harmlos
dargestellt wie Wasserdampf. Wenn E-Zigaretten und Tabakverdampfer
nicht den gleichen Werbebeschränkungen unterliegen wie
Tabakzigaretten, werden wir dadurch eine neue Tabakepidemie
erleben wie in Nordamerika und Japan. Außerdem häufen sich
Berichte über Brände
und Explosionsverletzungen
durch E-Zigaretten und sie sind ein wachsendes Müllproblem.
Durch rauchfreien Tabak wie Snus (Lutschtabak) oder Snuff (Schnupftabak) und durch tabakfreie Nikotinbeutel wie Skruf oder Zyn (mit Zellulose, Nikotinsalzen, Kräutern und Aromen) werden die Mitmenschen zwar vor dem Passivrauchen von Nikotin und Pyrolyseprodukten geschützt (so wie durch Rauchverbote), aber die Nikotinsucht des Rauchers wird aufrechterhalten und die Entwöhnung von der Zigarette kaum erleichtert, bei wenig Motivierten sogar erschwert. Mit Mehrfachabhängigkeiten und zusätzlichen Schäden (z.B. durch die auch in Oraltabak enthaltenen Karzinogene und Metalle) und insgesamt höheren, kreislaufwirksamen Nikotindosen ist zu rechnen. Sie werden gemeinsam mit Tabakzigaretten beworben. Ischämische Herzkrankheiten werden auch durch rauchfreien Tabak gefördert, obwohl der zu weniger Biomarkern für oxidativen Stress und Inflammation führt als Rauchtabak. Das Risiko an einem Herzinfarkt zu sterben, wurde durch Oraltabak um 30% erhöht. Außerdem war er mit höherem Risiko für Bauchspeicheldrüsen- und Speiseröhrenkrebs, Hochdruck, Metabolischem Syndrom, Diabetes II und Frühgeburten assoziiert. Oraltabak wird häufiger als Zigaretten illegal über das Internet bezogen. Auch von anderen Tabakderivaten, die als unschädlich beworben werden ohne entsprechend getestet zu sein, wird abgeraten (z.B. oral oder perkutan aufgenommene Extrakte), ebenso Nikotindrinks. Rauchfreier Tabak ist ähnlich gefäßwirksam wie Rauchtabak. Auch getestete Nikotin- und Tabakprodukte haben den Nachteil, vom Raucher als Entschuldigung für die Fortsetzung des Rauchens bzw. Nikotinkonsums verwendet zu werden. Da sie den Ausstieg aus der Nikotinsucht erschweren, werden sie von der Tabakindustrie kaum als Konkurrenzprodukte angesehen, sondern gefördert und weiterentwickelt; denn die Tabakkonzerne erwarten sich bei E-Zigaretten, erhitztem Tabak und rauchfreien Nikotinprodukten höhere Profite und weniger Regulierung. Leider gibt es Scheinheilige unter sogenannten "Entwöhnungsexperten", die gute Geschäfte mit der Tabakindustrie machen und rauchfreien Tabak propagieren, von dem man gleichfalls abhängig wird. Zur Entwöhnung von rauchfreiem Tabak kann Vareniclin verwendet werden. Die Bevölkerung sollte über das Risiko aufgeklärt werden: Tabakrauch > erhitzter Tabak, E-Zigaretten > Lutsch- und Schnupftabak > Nikotinersatz (Arzneimittel) > Abstinenz ohne Nikotinersatz. Orale Nikotinprodukte (Nikotinsäckchen u. dgl.) könnten laut Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG, 16.6.2020) nur dann eine Zulassung als Arzneimittel beantragen, wenn wissenschaftliche Nachweise mittels klinischer Studien zur pharmakologischen bzw. metabolischen Wirkung in Verbindung mit der Vorbeugung oder Heilung einer Krankheit bzw. einem medizinisch-therapeutischen Nutzen erbracht werden, was bisher nicht geschah. Auf dem freien Markt unterliegen Nikotindosierung und -reinheit keinen Kontrollen und die Vermarktung keinen Beschränkungen, was sie für Kinder und Jugendliche als Einstiegsdrogen gefährlich macht.
In den U.S.A.
wird geplant, den Nikotingehalt
der Zigaretten stark zu senken,
was in einzelnen Studien
positive Auswirkungen hatte, aber außerhalb von klinischen Studien und ohne entsprechende
Begleitmaßnahmen ist nicht auszuschließen, dass Nikotinsüchtige
diese Maßnahme durch höheren Zigarettenkonsum kompensieren und
dadurch noch mehr Pyrolyseprodukte und C-Nanopartikel inhalieren. Möglicherweise
unterstützt eine Besteuerung nach dem Nikotingehalt den Wechsel zu
nikotinarmen
Zigaretten, aber darüber hinaus sind auch gesetzliche
Regulierungen
des Nikotingehaltes von Rauchtabak und verwandten
Produkten erforderlich, denn sonst wird die Nikotinreduktion nur
für Werbezwecke
missbraucht.
Akupunktur, Yoga, Aversionstherapie, Schlaftherapie, Hypnose oder Virtual-Reality können die Entwöhnung evt. erleichtern (zum Teil besser als Nikotinersatz) und als komplementäre Behandlungsmethoden eingesetzt werden, sind aber noch zu wenig systematisch untersucht, um sie allgemein empfehlen zu können. Wenn ein Raucher an eine dieser Behandlungsmethoden glaubt und sie verlangt, sollten sie schon wegen des Placeboeffektes eingesetzt werden. Hypnotherapie soll in Gruppen erfolgreicher sein. Akupunktur hat auch den Vorteil wiederholter Behandlungen, bei denen die Motivation durch den Arzt erneuert werden kann. Impfungen sind erst in Entwicklung. Vielleicht helfen neue Techniken der Gehirnuntersuchung, Schaltkreisen für das Rauchverlangens und seiner Bekämpfung auf die Spur zu kommen. Doch sollten Sie nicht auf Fortschritte bei der Gehirnstimulation warten, an denen seit über 20 Jahren gebastelt wird, denn schon die verfügbaren Methoden reichen aus, um Ihnen das Aufhören zu erleichtern. Alles, was Ihnen persönlich beim Aufhören und Vermeiden von Rückfällen hilft, ist gut, auch wenn es noch nicht in den Lehrbüchern steht! Der Einfluss der Pharmaindustrie auf manche Therapieempfehlungen darf jedenfalls auch nicht übersehen werden.Medizinische und wirtschaftliche Überlegungen sprechen gegen Therapien mit geringer Reichweite und Kosteneffizienz. Kostenlos ist die Unterstützung durch Freunde und Soziale Netzwerke, iPhone App und Android App, doch orientieren sich Apps noch zu wenig an internationalen Richtlinien und FCTC Art. 14. Eine App versucht Hand zu Mund Bewegungenzu registrieren, um dem Raucher das Rauchen bewusst zu machen. Eine andere Methode verlangt von Rauchern, während des Entzuges nur mehr in Isolation vor einer Wand stehend zu rauchen.
Fast jeder Spitalsaufenthalt kann für eine Raucherentwöhnung genutzt werden, aber selbst nach so einschneidenden Erlebnissen wie einem Herzinfarkt ist mit Rückfällen in die alte Rauchgewohnheit zu rechnen, wenn keine Nachbetreuung erfolgt. Deshalb sollte jeder frische Exraucher im Entlassungsbrief wenigstens die Telefonnummer des Rauchfreitelefons finden.
Als sehr wirksame Intervention hat sich erwiesen, Nichtrauchern höhere Gehälter zu zahlen (weil sie keine Rauchpausen beanspruchen und die Kosten für Feuerversicherung, Reinigung und Lüftung reduzieren). Auch andere finanzielle Belohnungen können die Raucherquote manchmal stärker senken als therapeutische Maßnahmen.
Wer zahlt die Rauchertherapie? Trotz
Klassifikation der Nikotinabhängigkeit als Krankheit (ICD-10:
F17.2, ICD-11) ist sie laut ASVG dem Lebensstil
zuzuschreiben und ihre Behandlung keine Kassenleistung. In
Österreich werden nur 2% der Gesundheitausgaben
in die Prävention investiert. Die einzige bundesweite Institution,
die von allen Ländern und dem BMG finanziert wird, ist das
Rauchfreitelefon. Die Gebietskrankenkassen
finanzieren aber die Tabakentwöhnung, weil sie kosteneffizient ist. Die Finanzierung der
Tabakprävention erfolgt in der Steiermark über einen jährlich neu
zu stellenden Förderantrag an die Abteilung 8 (Wissenschaft und
Gesundheit), wobei die Fördermittel aus den Geldern für die
Thematik SUCHT (Koordinator Peter Ederer) zur Verfügung gestellt
werden. In Kärnten
wird die Tabakprävention aus Mitteln des Landes und der GKK für
die Suchtprävention
finanziert. In Oberösterreich
wurde das Institut für Gesundheitsplanung
mit der Senkung der Raucherprävalenz beauftragt, das aber 2018
aufgelöst wurde.
Ihr Lungenfacharzt kann mit der Wr. GKK für die Position 720
(Raucherberatung mit Ziel der Entwöhnung) 12,54 € verrechnen,
allerdings nicht am selben Tag mit Pos. 90 und nur bei maximal 20
% der Fälle pro Quartal. Wenn Sie einen Wahlarzt konsultieren,
bekommen Sie 10,03 € von der Krankenkasse refundiert. Manche Betriebe
oder Krankenkassen zahlen an ausgebildete
Therapeuten freiwillig etwas dazu. Bei der SVA (gewerbliche
Wirtschaft) gibt es seit 2016 für Lungenärzte die Position 34 z
Raucherberatung mit dem Ziel Rauchentwöhnung, die mit 19 Punkten
honoriert wird, dabei gilt ein Limit von 20 %, ergibt somit bei
einem Punktewert von 0,699 € 13,28 €. Bei mindestens 4
Beratungsgesprächen am kostenlosen Rauchfrei-Telefon erhalten
SVA-Versicherte, die Nikotinersatz brauchen, zwei Drittel der
Kosten bzw. bis zu 100 € von der SVA refundiert. Mit der OÖ-GKK
kann Ihr Kassenarzt für eine Kurzintervention zum Rauchstopp (Pos.
10c) € 5,31 verrechnen (max. 2mal pro Quartal und bei max. 50% der
Fälle eines Lungenarztes und 25% der Fälle von Ärzten für
Allgemeinmedizin, Fachärzten für Innere Medizin, Gynäkologie,
Kinder- und Jugendheilkunde, Psychiatrie/Neurologie). Auch bei
Ihrer privaten Krankenversicherung können Sie einen Kostenersatz
beantragen. Die Ärzteinitiative fordert eine Kostenübernahme von
mindestens 50% aus der Tabaksteuer (die zur Finanzierung von
Tabakprävention und -therapie erhöht werden sollte). In Deutschland
übersteigen die jährlichen Kosten des Rauchens die
Tabaksteuereinnahmen um 36 Milliarden Euro, die allen
Steuerzahlern aufgebürdet werden. Eine Schachtel Zigaretten müsste
eigentlich 43 Euro kosten, damit die Steuereinnahmen die Kosten
wettmachen.
Bei einer Analyse der Kosteneffektivität durch die Weltbank
stellte sich heraus, dass die jährlich durch Raucherentwöhnung
gesparten Kosten wesentlich höher waren als durch andere
etablierte Vorsorgemaßnahmen (Hochdruck- und Cholesterinsenkung,
Früherkennung von Brustkrebs). Für die Schweiz wurden folgende
Kosten (in Euro) einer Rauchertherapie im 45. Lebensjahr pro
gerettetem Lebensjahr berechnet (Männer / Frauen): nur
Beratung: 393,- / 573,- ; Bupropion: 1507,- / 2277,- ;
Nikotinpflaster: 2933,- / 4431,- ; Nikotinkaugummi: 3648,- /
5512,-. Die Amortisationszeit für betriebliche
Rauchertherapie wurde in den U.S.A. mit 4 Jahren angegeben. In
Massachusetts machte sich die Investition
in ein Rauchertherapieprogramm 3-fach bezahlt. Fast jede Rauchertherapie
rechnet sich. Hohe Akzeptanz der Rauchertherapie in Deutschland.
Zwei britische Autoren gaben eine Übersicht zu volkswirtschaftlichen
Schäden des Rauchens und verglichen die Kosteneffizienz
verschiedener Maßnahmen zur Senkung der Raucherprävalenz.Der
Rückgang der Raucherprävalenz in New York ist aller
Wahrscheinlichkeit nach auf die gleichzeitige Erhöhung der
Tabaksteuer, das kostenlose Anbot von Rauchertherapie und die
Rauchverbote in Innenräumen wie Arbeitsplätzen und Gaststätten
zurückzuführen, die dem Raucher den Entschluss aufzuhören leichter
machten. Im Staat Louisiana wurde die Tabakindustrie dazu
verurteilt, die Rauchertherapie mit mehr als einer halben
Milliarde Dollar zu finanzieren. In Österreich wurde bisher kein
Cent aus der Tabaksteuer für Tabakprävention und -therapie
zweckgewidmet. Die Tabakindustrie intrigiert dagegen, weil sie
dadurch Kunden verlieren würde und die Finanzminister möchten die
Tabaksteuereinnahmen nur zum Löcherstopfen verwenden.
Welche gesundheitlichen Vorteile hat die Aufgabe des Rauchens? Je früher Sie zum Nichtraucher werden, desto größer Ihr gesundheitlicher Gewinn. Aber es ist nie zu spät. Historische Langzeitstudien bewiesen den Gewinn an Lebenserwartung und -qualität. Allerdings unterschätzten sie das zukünftige Gesundheitsrisiko, weil der Rauchbeginn heutiger Generationen früher ist.
Leitfaden zur Tabak- und Nikotinentwöhnung, ÖGP 2023; 2. Auflage 2024
Endlich rauchfrei per Mausklick
10 Tipps auf dem Weg zum Nichtraucher
Raucherberatung: Wien, NÖ (Krems), OÖ (Linz, Wels), Stmk (Graz), Sbg (Jugend), Tirol, Vbg, Ktn, Ambulanzen; Beratung für Schwangere & Mütter. Rauchertherapie im Spital: OÖ, Stmk,Vbg; auf Türkisch (Sigara zarar verir!).
„Switch - Ärztliche Kurzintervention bei problematischem Nikotin- und Alkoholkonsum“ in Wien 01/4000 87320, NÖ 02742/31440, OÖ 0732/778936, Stmk 0316/82 33 00, Ktn 050/536-15112, Sbg 0662/84 92 91; vorbereitet in Vbg 05523/54941, Tirol 0512/585730, Bgld 05 09 44 2100.
Leitfaden der Österreichischen Sozialversicherung für Raucherberatung in Gruppen (Erwachsene). Fortbildung in Graz. Broschüre der Krebshilfe.
Leitlinien zur Intervention bei Jugendlichen (LBI 2019).
Deutsche S-3-Leitlinie (Batra et al. 2021) zu Screening, Diagnostik und Behandlung der Nikotinabhängigkeit.
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (BZgA): Rauchen ist riskant.
Empfehlungen für Ärzte in der Schweiz, http://www.at-schweiz.ch/de/startseite/rauchstopp/aufhoerhilfen.html. Rauchfreie Betriebe http://www.at-schweiz.ch/. Ziel Nichtrauchen: Gratisbroschüren. App für das Aufhören zu zweit.
Rauchertelefon Schweiz: Deutsch, Französisch, Italienisch: +41 848 000 181, Serbisch, Kroatisch, Bosnisch +41 848 186 186, Türkisch +41 848 187 187, Albanisch +41 848 183 183, Spanisch +41 848 185 185, Portugiesisch +41 848 184 184
Ausstiegsprogramme Deutschland: https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/Newsletter_Tabakentwoehnung.html, http://www.weltnichtrauchertag.de
Englischsprachige Ausstiegshilfen: https://www.who.int/publications/i/item/9789240096431, http://en.wikipedia.org/wiki/Smoking_cessation, https://ensp.network/wp-content/uploads/2020/10/guidelines_2020_english_forprint.pdf. Ausstiegshilfe für "Dampfer".
Andere europäische Sprachen: https://ensp.network/ensp-tdt-guidelines/?utm_source=BenchmarkEmail&utm_campaign=June_2021_News&utm_medium=email
U.S. Richtlinien 2020, 2021: https://www.hhs.gov/sites/default/files/2020-cessation-sgr-full-report.pdf, https://smokefree.gov/, ATS, NEJM, JAMA21, etc.
Free online training für Therapeuten. Tobacco cessation training der University of San Francisco; US-Lungengesellschaft klärt Kinder und Jugendliche über E-Zigaretten auf, ebenso 2022 Uni in Australien.
Rauchstopp in 20 Minuten. Internet-Chat: http://www.stop-simply.de/
70 Aufhörtipps (englisch): http://whyquit.com/whyquit/Quit_Smoking_Tips.html
US Raucherberatung: http://www.surgeongeneral.gov/tobacco/default.htm, http://www.surgeongeneral.gov/tobacco/treating_tobacco_use08.pdf, http://betobaccofree.hhs.gov/?source=govdelivery, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK66008, E-Zigarette (US-Jugend): https://digitalmedia.hhs.gov/tobacco/hosted/Vaping-ECigarettes-Youth-Toolkit.pdf,
http://www.whyquit.com/ Freedom from Nicotine http://www.whyquit.com/joel/?mid=51, California https://kickitca.org/,
http://www.tobaccoprogram.org/, http://www.quitnet.com, http://jama.ama-assn.org/cgi/content/full/296/1/130
evaluiert: https://www.becomeanex.org/
für Ärzte: http://www.surgeongeneral.gov/tobacco
U.S. Cancer Network: https://doi.org/10.6004/jnccn.2023.0013
Kanadische Raucherberatung: www.smoke-free.ca/, Tabakprävention und Raucherberatung für Kinder & Jugendliche
Australische Raucherberatung: www.quitnow.gov.au/internet/quitnow/publishing.nsf/Content/why-quit-lp
für Praktische Ärzte in Australien; das Buch "Rauchzeichen" von Simon Chapman (Download gratis)
WHO:
Investition in Rauchertherapie macht sich bezahlt.
WHO-Europa: Frauen
& Tabak
Krebsvorsorge mittels Internet: http://www.jmir.org/2005/3/e26/
Tutorial for "Tobacco Watcher", an automated tobacco media analysis engine.
Implementation of Tobacco Control: https://theunion.org/implementation-hub/resource-library